eNews 42 | Mai 2013

Die Frage nach der Schwangerschaft

Darf sie im Einstellungsgespräch für ein befristetes Arbeitsverhältnis gestellt werden?

 
Die Zulässigkeit der Frage nach einer Schwangerschaft im Rahmen des Vorstellungsgesprächs ist ein immer wiederkehrendes arbeitsrechtliches Problem. Das BAG hat in seiner Entscheidung vom 06.02.2003 (Az. 2 AZR 621/01) bereits die Unzulässigkeit der Frage nach der Schwangerschaft in Anbahnung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses entschieden. Da immer häufiger zeitlich befristete Arbeitsverhältnisse geschlossen werden, sind Bewerberinnen mit der Situation konfrontiert, ob sie im Einstellungsgespräch auf die Frage nach einer Schwangerschaft Auskunft geben müssen. Eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Köln gibt Anlass dazu, diese Thematik bei Einstellungen für ein befristetes Arbeitsverhältnis nochmals zu beleuchten. Das LAG folgt in seinem Urteil vom 11. Oktober 2012 der BAG-Entscheidung und hat festgehalten, dass in einem Vorstellungsgespräch nicht zwischen einem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zu unterscheiden sei, und hat die Frage nach der Schwangerschaft für unzulässig erklärt.

Die zu einem Rechtsstreit im Zusammenhang mit der Frage nach der Schwangerschaft führende Situation ist oftmals folgende: Der Arbeitgeber beschäftigt eine Mitarbeiterin, die schwanger wird. Nun sucht er für diese eine Schwangerschaftsvertretung. Im Rahmen des Vorstellungsgespräches stellt er die Frage nach einer Schwangerschaft der Bewerberin. Sie beantwortet diese negativ, wird für einen befristeten Zeitraum eingestellt und zeigt später dem Arbeitgeber an, dass sie schwanger ist. Der Arbeitgeber versucht sich daraufhin, von der Neueinstellung zu trennen, weil er sich im Vorstellungsgespräch getäuscht sah, und ficht daher den Vertrag an.

Das LAG Köln hatte jüngst über eine vergleichbare Konstellation zu entscheiden (Az. 6 Sa 641/12). Hier erwartete der Arbeitgeber, dass ihn die Bewerberin auch ohne ausdrückliche Frage über eine bestehende Schwangerschaft aufklärt, sofern sie davon Kenntnis hatte. Er argumentierte, dass er bei richtiger Unterrichtung über die Schwangerschaft im Vorstellungsgespräch die Bewerberin nicht eingestellt hätte.

Da der „Malus“ – eine Täuschung des Arbeitgebers – hier vor Vertragsschluss erfolgt sein soll, handelt es sich rechtlich gesehen nicht um eine Kündigung, sondern um eine Anfechtung des Arbeitsverhältnisses. Dies hat zur Folge, dass weder die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes noch die Kündigungsvorschriften des Mutterschutzgesetzes einschlägig sind.

Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung aufgrund der Falschbeantwortung einer Frage setzt voraus, dass diese selbst zulässig ist. Ist sie es nicht, steht dem Befragten ein sogenanntes Notwehrlügerecht zu, mit der Folge, dass die Falschbeantwortung der unzulässigen Frage keinen Grund zur Anfechtung des Vertrages liefert. Wird im Vorstellungsgespräch nicht nach einer Schwangerschaft gefragt, stellt sich entsprechend die Frage nach einer Aufklärungspflicht der Bewerberin.

Das LAG Köln sieht die Frage nach einer Schwangerschaft als eine nach § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG unzulässige unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts. Die diskriminierende Wirkung einer solchen Frage ergibt sich daraus, dass das Ziel der Frage sein wird, ob die Bewerberin eingestellt wird oder nicht. Dies gilt nach Auffassung des LAG unabhängig davon, ob eine Befristung des Arbeitsverhältnisses bezweckt ist oder die Frage im Vorfeld einer unbefristeten Einstellung gestellt wird. Mit der Entscheidung des LAG Köln gibt es nun eine aktuelle zweitinstanzliche Entscheidung in Bezug auf befristete Arbeitsverhältnisse, sofern diese durchgeführt werden können. Offen gelassen hat das Gericht nämlich, ob das Fragerecht des Arbeitgebers auch dann ausgeschlossen ist, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote nicht vollzogen werden kann.

Da solche Beschäftigungsverbote regelmäßig nur kurz bestehen, spielt diese Konstellation allenfalls für solche Tatbestände eine Rolle, in denen ein Arbeitsverhältnis für kurze Zeit befristet geschlossen wird und die Arbeitnehmerin für die gesamte Vertragsdauer bzw. einen erheblichen Teil ausfällt. Diesbezüglich wird diskutiert, ob es sich bei dem Beschäftigungsverbot um einen Tätigkeitsbezug im Sinne des § 8 Abs. 1 AGG handelt, der zu einer Zulässigkeit der Frage bzw. einer Aufklärungspflicht der Bewerberin führt und die mit der Frage verbundene unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts rechtfertigen kann. Das Gesetz verlangt dafür, dass das Fehlen eines schwangerschaftsbedingten Beschäftigungsverbotes als eine „wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung“ einzuordnen ist. Insoweit muss die Entwicklung der Rechtsprechung abgewartet werden, insbesondere im Hinblick auf den Aspekt, dass ein Beschäftigungsverbot nicht für die gesamte Vertragsdauer eingreift und damit das Arbeitsverhältnis zumindest teilweise gelebt werden kann.
 
Dr. René von Wickede, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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