eNews 51 | Februar 2015

Zielbonus trotz fehlender Jahreszielvereinbarung?

Zielvereinbarungen werden in der Regel mit einem Bonusversprechen verbunden und sollen Arbeitnehmer so zur Steigerung ihrer Leistung motivieren. Um den Mitarbeiter stärker an die Leistungserwartungen zu binden, werden die Zielvereinbarungen zumeist einvernehmlich geschlossen. Aber hat der Mitarbeiter auch Anspruch auf den Bonus, wenn keine Zielvereinbarung besteht?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat zu dieser Frage bereits Stellung genommen (Az. 10 AZR 97/07). Im vorliegenden Fall hatte eine Führungskraft ihren früheren Arbeitgeber auf Bonuszahlung verklagt, weil ihr aufgrund fehlender Zielvereinbarung die Zahlung verweigert wurde. Das Unternehmen vertrieb spezielle Kassensysteme für Gastronomiebetriebe. Die Steigerung der Verkaufszahlen war für das Unternehmen von großer Bedeutung. Als zuständigem Leiter für die Marktentwicklung versprach ihm das Unternehmen daher zum Festgehalt einen Jahresbonus von 50.000 Euro bei hundertprozentiger Erreichung gemeinsam festzulegender Jahresziele. Für das erste Beschäftigungsjahr kam eine Übereinkunft zustande.

Offensichtlich entwickelte sich das Arbeitsverhältnis aber nicht so, wie es sich der Arbeitgeber vorgestellt hatte, und er kündigte zum Ende des ersten Quartals des zweiten Beschäftigungsjahres. Eine Zielvereinbarung für das zweite Jahr war nicht zustande gekommen.

Weil auch eine zeitanteilige Bonuszahlung für unterjähriges Ausscheiden vorgesehen war, verlangte der Arbeitnehmer daher die Zahlung eines Viertels des Jahresbonus, also 12.500 Euro. Er legte dar, er habe seinen Chef mehrfach aufgefordert, die Jahresziele mit ihm zu vereinbaren. Das BAG war der Auffassung, dass eine Zielvereinbarung im Nachhinein nicht mehr getroffen werden könne, da dies dem Motivationsgedanken widerspräche. Der Zahlungsanspruch könne dem Arbeitnehmer aber als Schadensersatz zustehen.

Ob ein solcher Schadensersatzanspruch entsteht und wie hoch der zu zahlende Betrag ist, hängt zunächst davon ab, wem die Intitiativlast für die Zielvereinbarung zukommt. Grundsätzlich muss, so das BAG, der Arbeitgeber zunächst den Vorschlag für die Jahresziele unterbreiten. Diese hat er dann mit dem Arbeitnehmer zu besprechen, um zu einer Übereinkunft zu gelangen. Wird der Arbeitgeber nicht aktiv, verletzt er eine Nebenpflicht des Arbeitsvertrags und schuldet grundsätzlich Schadensersatz.

Der Arbeitnehmer kann seinerseits aber nicht untätig bleiben, wenn die Jahreszielvereinbarung nicht geschlossen wird. Von ihm wird erwartet, dass er den Arbeitgeber zu einer Vereinbarung auffordert. Auch der Arbeitnehmer verletzt seine Pflicht, wenn er untätig bleibt. Er verliert den Bonusanspruch, wenn allein durch sein Verschulden die Vereinbarung nicht zustande kommt, etwa weil er zu einem Gespräch mit seinem Chef über mögliche Ziele erst gar nicht bereit war.

Ob und in welcher Höhe der entgangene Bonus zu kompensieren ist, hängt also davon ab, welche Seite das hauptsächliche Verschulden trifft, und ob der anderen Seite ein Mitverschulden vorzuwerfen ist. Hätte es der Arbeitgeber zu verantworten, dass die Zielvereinbarung nicht geschlossen wurde, wird man ihn zur Zahlung des vollen Bonus verurteilen können. Das BAG hielt einen Schadensersatzanspruch für möglich, konnte aber im vorliegenden Fall nicht endgültig entscheiden; das Landesarbeitsgericht hatte nicht geprüft, ob der Arbeitnehmer, wie behauptet, seinen Chef mehrfach aufgefordert hatte, eine Zielvereinbarung zu treffen.

Der Arbeitgeber sollte also immer einen Vorschlag für die Zielvereinbarung unterbreiten und den Arbeitnehmer zur Diskussion des Vorschlags auffordern. Unterbleibt dies, darf der Arbeitnehmer nicht untätig bleiben. Er sollte seinen Chef schriftlich, etwa mit E-Mail, auffordern, eine Vereinbarung zu treffen. Geht der Arbeitgeber darauf nicht ein, stehen die Chancen, eine Bonuszahlung durchzusetzen für den Arbeitnehmer zumeist nicht schlecht. Die Forderung einer hundertprozentigen Bonuszahlung ist dabei der richtige Ansatz.
 
Dr. Norbert Pflüger, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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