eNews 55 | November 2015

Führerschein weg – Job in Gefahr?

Die allmorgendlichen und -abendlichen Staumeldungen in den Ballungsgebieten machen deutlich, dass die meisten Berufstätigen mit dem Auto zu ihrem Arbeitsplatz fahren. Ein Führerscheinentzug für einen längeren Zeitraum hat dann unangenehme Folgen. Aber besonders gravierend können die Auswirkungen werden, wenn ein Fahrverbot von mehreren Monaten Außendienstmitarbeiter betrifft, die zur Wahrnehmung ihrer Kundentermine auf das Auto angewiesen sind. Diese können dann die ihrem Arbeitgeber geschuldete Arbeitsleistung möglicherweise nicht mehr in vollem Umfang erbringen. Ein Grund zur Kündigung?

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein entschied bereits in den 1980er Jahren mit einer gewissen Strenge, dass regelmäßig ein wichtiger Grund für die außerordentliche, fristlose Kündigung vorliege, werde einem Außendienstmitarbeiter der Führerschein für einen erheblichen Zeitraum abgenommen. Zumindest sei die ordentliche Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses zulässig. Benutze der Mitarbeiter zudem ein Firmenfahrzeug, sei dessen Benutzung jedenfalls unabdingbare Voraussetzung für die Aufgabenerfüllung. Im damals zu entscheidenden Fall ließ das LAG das Argument des Arbeitnehmers, seine Ehefrau könne ihn zu den Kunden fahren, nicht gelten. Es sei Angelegenheit des Arbeitgebers zu entscheiden, wie der Außendienstmitarbeiter seine Arbeit erbringe (LAG Schleswig-Holstein, Az. 4(5) Sa 684/85).

Auch in einem Urteil vom 03.07.2014 bleibt das LAG bei dieser Linie (LAG Schleswig-Holstein, Az. 5 Sa 27/14). Das Gericht wies allerdings sowohl die außerordentliche als auch die vorsorgliche ordentliche Kündigung zurück. Eine Maklerbetreuerin hatte gegen ihre Kündigungen geklagt, nachdem ihr wegen einer privaten Trunkenheitsfahrt die Fahrerlaubnis entzogen worden war. Die Mitarbeiterin war zwar zur Hälfte ihrer Arbeitszeit im Außendienst tätig und daher zu Dienstreisen in erheblichem Umfang gezwungen. Allerdings war die Überlassung des Dienstfahrzeugs nicht im Arbeitsvertrag festgelegt. Hierüber hatte die Beschäftigte einen eigenen Nutzungsvertrag geschlossen, der den Widerruf der Fahrzeugüberlassung durch das Unternehmen vorsah. Die Nutzung eines Kraftfahrzeugs war nicht unabdingbare Voraussetzung der Aufgabenerledigung. Zudem verbot es der Nutzungsvertrag auch nicht, dass der Dienstwagen von Dritten gefahren wurde. Zu den von der Mitarbeiterin geforderten sieben wöchentlichen Maklerbesuchen konnte sie sich also solange von Verwandten fahren lassen, bis sie selbst wieder die Fahrerlaubnis besaß. Die Klägerin konnte belegen, dass sie viele Versicherungsmakler mit dem Zug oder anderen öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen konnte. An der damit bewiesenen Möglichkeit der Erbringung der Arbeitsleistungen scheiterte auch die vorsorgliche fristgemäße Kündigung.

Der Entzug der Fahrerlaubnis führt also nicht zur Entlassung, wenn der Mitarbeiter die vertraglich geforderten Leistungen ohne Pkw oder mit Hilfe Dritter erbringen kann. Die Überlassung eines Dienstwagens muss nicht zwingend belegen, dass die Tätigkeit nur mit selbstgefahrenem Pkw erbracht werden muss. Je kürzer der Führerscheinentzug, desto besser die Chance, den Job zu behalten. Je weniger Außendienstanteile, desto wahrscheinlicher die Möglichkeit von Überbrückungsmaßnahmen. Am besten allerdings, man begeht auch in der arbeitsfreien Zeit keine Verkehrsdelikte, die zum Führerscheinverlust führen.
 
Dr. Norbert Pflüger, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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