eNews 57 | April 2016

Zehn Fragen und Antworten zum Personalabbau Deutsche Bank

4.000 Stellen will die Deutsche Bank in Deutschland abbauen. Das geht nur, wenn die Bank in allen Bereichen reorganisiert. Und das läuft folgendermaßen: Neue und reduzierte Stellentableaus werden aufgelegt. Die Beschäftigten sollen sich in einem Stellenbesetzungsprozess auf diese neuen Positionen bewerben. Dass einigen Kolleginnen und Kollegen bei dieser Reise nach Jerusalem der Stuhl fehlen wird, ist Teil des Verfahrens. Da das Verfahren aber so transparent und fair sei, sollen diejenigen, die ihren Arbeitsplatz verlieren, am Ende meinen, sie seien selbst für den Jobverlust verantwortlich. Pech gehabt! In den Betrieben der Deutschen Bank herrscht deshalb Unruhe und viele fragen sich: Was kann ich tun?

Wie Sie am besten bei einem Personalabbau reagieren können, haben wir für Sie in zehn zentralen Fragen und Antworten zusammengestellt.
 

Frage 1:

Muss ich mich auf eine freie Stelle bewerben?

Antwort:

Nein. Sie haben mit Ihrem Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag geschlossen. Sie sind nicht verpflichtet, sich auf freie Stellen zu bewerben. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Sie vertragsgemäß zu beschäftigen. Die Entscheidung, ob man am Stellenbesetzungsverfahren teilnimmt, sollte man allerdings taktisch entscheiden. Man kann dem Arbeitgeber beispielsweise durch Bewerbung auf mehr als drei Stellen auch deutlich machen, dass man nicht an einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses interessiert ist.
 

Frage 2:

Was müsste der Arbeitgeber nachweisen, um Sie kündigen zu können?

Antwort:

Die Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses wäre nur wirksam, wenn

  • Ihr Arbeitsplatz wegfallen würde,
  • keine freien Stellen zur Verfügung stünden und
  • eine ausreichende Sozialauswahl eingehalten würde.

Sind etliche Stellen im Rahmen eines neuen Stellenplans zu besetzen sind, ist keine betriebsbedingte Kündigung möglich. Der Arbeitgeber müsste im Übrigen eine Sozialauswahl einhalten, bei der ältere und länger betriebszugehörige Beschäftigte Schutz genießen. Die Streichung meiner alten Stelle reicht also für eine wirksame  Kündigung nicht aus.
 

Frage 3:

Bin ich als leitender Angestellter in einer schwächeren Position als ein „einfacher“ Beschäftigter?

Antwort:

Grundsätzlich nicht. Auch leitende Angestellte können sich auf das Kündigungsschutzgesetz berufen und dürfen nur dann den Arbeitsplatz verlieren, wenn der Arbeitgeber ein dringendes betriebliches Interesse an Ihrem Ausscheiden nachweisen kann. Nur der Betriebsrat kann Sie nicht vertreten. Der könnte also der Kündigung eines nicht-leitenden Angestellten widersprechen und ihm dadurch die Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses sichern. Als leitender Angestellter können Sie sich auch nicht auf einen vom Betriebsrat abgeschlossenen Sozialplan berufen, um eine Abfindung zu erlangen. Die Regeln der Bank für das Ausscheiden von leitenden Angestellten sind allerdings ähnlich einem Sozialplan ausgestaltet.
 

Frage 4:

Bin ich überhaupt ein leitender Angestellter?

Antwort:

Oftmals nicht, obwohl es so in Ihrem Vertrag steht. Wer leitender Angestellter ist, entscheidet sich allein nach dem Gesetz. Auf die Formulierung des Arbeitsvertrags kommt es nicht an. Auch Statussymbole spielen keine Rolle. Ein bestimmtes Dienstwagenprivileg ist für den Status also unerheblich. Das Gesetz definiert den leitenden Angestellten eng. Praktisch kommen als leitende Angestellte nur Personen in Betracht, die typische Arbeitgeberfunktionen ausüben, etwa durch Einstellungen oder Entlassungen oder infolge einer Prokura. Ist Ihnen die Prokura nur aus Repräsentationsgründen verliehen worden, macht selbst dies Sie nicht zum leitenden Angestellten; das ist häufig der Fall.
 

Frage 5:

Muss ich eine Abfindung akzeptieren, die in sogenannten „Rahmensozialplänen“ oder „Maßnahmesozialplänen“ festgelegt ist?

Antwort:

Nein. Die dort festgelegten Abfindungen sind das Minimum, das Ihnen die Bank bei der betriebsbedingten Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses schuldet. Sie können aber eine bessere finanzielle Ausgestaltung Ihres Aufhebungsvertrages erreichen, wenn die Bank Ihnen eigentlich gar nicht kündigen kann. Dass die Voraussetzungen einer Kündigung streng sind, hatten wir bereits erwähnt. Sind sie trotz fehlender Kündigungsvoraussetzungen bereit auszuscheiden, darf es also gern „etwas Mehr“ sein.
 

Frage 6:

Kann ich die nahtlose Weiterbeschäftigung durchsetzen?

Antwort:

Grundsätzlich immer, wenn Sie in der ersten Instanz erfolgreich gegen eine Kündigung geklagt haben. Da Urteile der Arbeitsgerichte aber regelmäßig Zeit brauchen, wären Sie zwischen Ablauf der Kündigungsfrist und Gerichtsentscheidung zunächst ohne Beschäftigung. Hat hingegen der für Sie zuständige Betriebsrat seine Arbeit gut gemacht und der Kündigung widersprochen, muss Sie der Arbeitgeber auch nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Kündigungsschutzprozess weiterbeschäftigen. Erfahrene und in Mitbestimmungsfragen geschulte Betriebsräte können das.
 

Frage 7:

Sollte ich mich vertrauensvoll an meinen Vorgesetzten wenden, um meine Perspektiven zu besprechen?

Antwort:

Vorsicht ist angebracht. Auch wohlmeinende Vorgesetzte stehen unter Druck und müssen in ihrem Bereich den Personalabbau umsetzen. Auch wenn Sie vorgeben, Sie in Ihrem „wohlverstandenen“ Interesse zu beraten, kann es sein, dass Eigeninteressen im Spiel sind. In der Situation eines Personalabbaus hat jeder eigene Interessen. Der Vorgesetzte will Sie möglicherweise loswerden, weil er genau weiß, dass in seiner Einheit zu viele Mitarbeiter beschäftigt werden. Er wird Sie daher eher nicht so beraten, wie es Ihrem persönlichen Interesse entspricht. Auch wenn das schade ist: Eine allzu große Offenheit gegenüber dem Vorgesetzten zahlt sich in einer solchen Situation nicht aus.
 

Frage 8:

Wie halte ich den Stress und die Angst um den Arbeitsplatz aus?

Antwort:

Die Bank will Ihnen den Arbeitsplatz nehmen. Das sollten Sie nicht auf Ihr persönliches Verhalten zurückführen. Tausende anderer Beschäftigter sind betroffen. Versuchen Sie, Ihr persönliches Gleichgewicht zu finden, sodass Sie auch mehrerer Monate Unsicherheit überstehen können. Holen Sie sich einen Coach, der für die Beantwortung Ihrer Fragen zur Verfügung steht und Ihnen hilft, rechtliche oder taktische Fallen zu vermeiden. Das kann ein Personalberater sein, aber auch ein Anwalt. Ihr Arbeitsverhältnis ist im Übrigen nicht schon dann gefährdet, wenn Sie krankgeschrieben werden, weil der psychische Druck Sie arbeitsunfähig gemacht hat. Auch im Rahmen eines Ihnen gesetzlich zustehenden Bildungsurlaubs können Sie einen möglicherweise notwendigen Abstand gewinnen. Hilfreich mag es auch sein, sich stets zwei Dinge ins Gedächtnis zu rufen: „Ich habe einen gültigen Arbeitsvertrag!“ und „Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen!“

Wenn Sie dann an der Arbeit auf Ihren Vorgesetzten treffen, dürfen Sie diese beiden Sätze auch gern einmal laut aussprechen. Sie werden dann gelegentlich feststellen, dass Sie mit diesen Grundweisheiten durchaus punkten können. Denken Sie daran: Sie haben nichts weiter zu verlieren als Ihren Arbeitsplatz. Ob Sie den verkaufen wollen und welchen Preis Sie dafür einfordern, bleibt Ihre Entscheidung.
 

Frage 9:

Drohen mir Nachteile beim Arbeitslosengeld?

Antwort:

Ja, das Risiko einer Sperrzeit besteht bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Die Bank muss Personal abbauen. Sie wird alles daran setzen, den Personalabbau durch freiwillige Vereinbarungen umzusetzen. Das schon wegen des Risikos, Kündigungsschutzprozesse reihenweise zu verlieren. Die Bank schreibt Ihnen gern in den Aufhebungsvertrag hinein, dass Sie über die sozialrechtlichen Folgen einer einvernehmlichen Vertragsbeendigung aufgeklärt worden sind. Will heißen, die Bank möchte nicht wegen einer Sperrzeit haftbar gemacht werden. Eine Sperrzeit droht Ihnen immer, wenn Sie Ihre Arbeitslosigkeit schuldhaft herbeiführen, etwa durch Mitwirkung an einem Aufhebungsvertrag. Daneben droht Ihnen das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs bei Nichteinhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist. Arbeitnehmer mit Sonderkündigungsschutz riskieren oft sogar ein langes Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, wenn sie regelmäßig nicht mindestens eine Ausscheidensfrist von zwölf Monaten vereinbart haben. Lassen Sie sich auf Aufhebungsvertragsangebote der Bank daher nur nach Einholung eines Rechtsrats ein. Dann können Sie im Übrigen auch klären, ob die finanzielle Ausstattung des Angebots Ihrem individuellen Kündigungsschutz angemessen ist.
 

Frage 10:

Was muss ich bei einem Aufhebungsvertrag noch beachten?

Antwort:

Nehmen wir an, Sie haben sich nach reiflicher Überlegung und Beratung zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags entschieden, sollten noch weitere Fragen geregelt werden: Verliere ich bei einem Ausscheiden vor dem vereinbarten Vertragsende meinen Abfindungsanspruch oder habe ich Anspruch auf eine vorzeitige Vertragsbeendigung unter Erhöhung der Abfindung? Haben etwa meine Angehörigen Anspruch auf die Abfindung, wenn ich vor dem vereinbarten Vertragsende sterbe? Wurde der Text eines Zwischen- und Abschlusszeugnisses im Vertrag vereinbart? Darf ich während einer Freistellung den Dienstwagen weiter nutzen? Diese und eine Reihe weiterer Fragen sollten Sie bei der Vereinbarung der Vertragsaufhebung geregelt haben.
 
Dr. Norbert Pflüger, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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