eNews 61 | Februar 2017

Gastbeitrag

Risiko Arbeitsplatz – beim Arbeitsschutz ist der Arbeitgeber in der Pflicht

Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) bestimmt den Arbeitgeber als Verantwortlichen für die Planung und Durchführung des Arbeitsschutzes. Mit den konkreten Arbeitsschutzmaßnahmen soll er dazu beitragen, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten zu verbessern. Das ArbSchG enthält bei seinen Maßgaben für die Arbeitgeberpflichten allerdings eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe. Diese betreffen insbesondere das Verfahren, wie die Schutzmaßnahmen zustandekommen. Außerdem ist nach dem Betriebsverfassungsgesetz bei der Gefährdungsbeurteilung der Betriebsrat hinzuzuziehen. Dass sich Investitionen in den Arbeitsschutz lohnen, zeigen etwa sinkende Unfallzahlen. Angesichts der Überzahl kleiner Unternehmen und der sehr unterschiedlichen Qualifikationen der Arbeitgeber für den Arbeitsschutz werden rechtlich verbindlichere sowie klarer regulierende Vorschriften gefordert.

Die Gefährdungsbeurteilung: Verfahrensvorgaben für die Planung des Arbeitsschutzes

Derzeit weist die Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 ArbSchG dem Arbeitgeber die Pflicht zu, die mit der Arbeit verbundene Gefährdung zu ermitteln und zu beurteilen. Auf dieser Grundlage sind die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu beschreiben. Bisher sind keine näher bestimmten, rechtlichen Vorgaben geschaffen worden, wie diese Grundlagen erarbeitet werden können. Allerdings hat die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA), in der die Dienststellen der Länder, des Bundes und die Unfallversicherungsträger zusammenarbeiten, Leitlinien entwickelt. Über den Weg der Qualitätsvorgaben für die Arbeitsschutzaufsichtsbehörden sind Mindeststandards eingeführt worden. Diese bieten dem Arbeitgeber eine Handlungsempfehlung in sieben Schritten für die Gefährdungsbeurteilung. Aus der „Leitlinie Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation“ sowie aus den „Empfehlungen zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen“ ergeben sich somit fachlich begründete Hinweise für die Verfahrensgestaltung (http://www.gda-portal.de). Wer diese beachtet, erhält Verhaltenssicherheit für die Erarbeitung der Gefährdungsbeurteilung einschließlich der Beschreibung effektiver Arbeitsschutzmaßnahmen. Auf der Internetseite der GDA findet sich zudem ein breites Spektrum an Themen rund um den Arbeitsschutz in verschiedenen Branchen und in Bezug auf die unterschiedlichen Risiken.

Mitbestimmung des Betriebsrats: Wer legt die einzelne Schutzmaßnahme fest?

Die Art und Weise der Ausgestaltung, wie die Gefährdungsbeurteilung anzuwenden ist, muss die spezifischen Bedingungen im Betrieb berücksichtigen, so sind z.B. technische, organisatorische, personelle, führungsbezogene Umstände zu beachten. Dafür müssen betriebsadäquate Prozessabläufe sowie die Beteiligung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit, die Betriebsärzte und sonstige Experten festgelegt werden. Es ist unstreitig, dass Verfahrensregelungen zur Gefährdungsbeurteilung nach § 87 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) mitbestimmungspflichtig sind. Wo ein Betriebsrat gewählt ist, besteht also eine sehr weitgehende Mitbestimmung in der Prozessdefinition für den Arbeitsschutz. Die Fülle von veröffentlichten Betriebsvereinbarungen zeigt, wie detailliert und umfassend einzelne Erarbeitungsschritte, die Auswahl und Anwendung von Erhebungsinstrumenten und Vorgehen bei der Bewertung der Gefährdung usw. betreffen, geregelt werden können. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beziehen sich allerdings lediglich auf die Gefährdungsbeurteilung und die gewünschten Schutzmaßnahmen. Ein gesetzlicher Anspruch des Betriebsrats auf Realisierung der von ihm als erforderlich angesehenen Arbeitsschutzmaßnahmen besteht nicht.

Betriebsvereinbarung zur Gefährdungsbeurteilung: Chancen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Bei den Aufgaben des Betriebsrats nach §§ 80 und in seinen Mitbestimmungs-, Unterrichtungs- und Beratungsrechten nach den § 87 bis 91 BetrVG erscheint der betriebliche Arbeits- und Gesundheitsschutz mit vielen Einzelthemen. Es schafft im Spannungsfeld der Betriebsparteien Vorteile, wenn für den Arbeitsschutz stabile Prozesse und Entscheidungsroutinen durch Betriebsvereinbarung etabliert werden. Die „Mitregelungsbefugnis“ des Betriebsrats dort, wo der Arbeitgeber seinen Gestaltungsspielraum nutzt, hat das Potenzial, prozessoptimierend, ressourcenschonend und konsensbildend zu wirken. Die Aussicht auf die stärkere Integration der Beschäftigten in gute und gesunde Arbeitsbedingungen kann auch als wirtschaftlicher Wertbeitrag gerechnet werden.
 
Walter Kuhn, Sachverständiger Arbeitsschutz

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