Wissenswertes für Betriebsräte: Betriebsänderung
Bei einer Betriebsänderung hat der Betriebsrat umfangreiche Mitbestimmungsrechte. Wann eine Betriebsänderung vorliegt, ist in § 111 BetrVG beschrieben. Die Vorschrift ist anwendbar, wenn das jeweilige Unternehmen mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. Darüber hinaus ist erforderlich, dass der Arbeitgeber eine Änderung des Betriebes plant, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder jedenfalls einen erheblichen Teil davon zur Folge haben kann.
Die Norm zählt die praktisch relevanten Fälle von Betriebsänderungen auf. Bei diesen Beispielen wird vermutet, dass wesentliche Nachteile für die Belegschaft entstehen. Dabei handelt es sich um die Einschränkung, Stilllegung oder Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen sowie den Zusammenschluss und die Spaltung von Betrieben. Auch grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen sowie die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren sind erfasst.
Bei der Beantwortung der Frage, ob sich die Nachteile auf einen erheblichen Teil der Belegschaft auswirken, orientiert sich die Rechtsprechung an den Zahlenverhältnissen des § 17 KSchG. Diese Vorschrift gilt unmittelbar nur für die Anzeigepflicht bei Massenentlassungen, wird aber schon lange auch zur Auslegung des § 111 BetrVG herangezogen. § 17 KSchG enthält eine an der Betriebsgröße orientierte Staffelung. So ist beispielsweise in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern erforderlich, dass 10 Prozent der Belegschaft oder mehr als 25 Arbeitnehmer betroffen sind.
Liegt eine Betriebsänderung vor, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über seine Planungen vollständig und rechtzeitig informieren. Auf Basis der dem Betriebsrat zur Verfügung gestellten Informationen hat der Arbeitgeber den Abschluss eines Interessenausgleichs mit dem Betriebsrat zu versuchen. Der Interessenausgleich regelt, ob und wie die konkret geplante Betriebsänderung stattfindet. Es ist auch möglich, im Interessenausgleich Kündigungsverbote oder aber Namenslisten zu vereinbaren.
Während der Arbeitgeber eine Einigung über einen Interessenausgleich nur versuchen muss, besteht beim Sozialplan ein zwingendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Der Sozialplan befasst sich mit dem Ausgleich oder der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der Betriebsänderung entstehen. Der Sozialplan wirkt wie eine Betriebsvereinbarung, sodass sich die betroffenen Arbeitnehmer unmittelbar auf die durch ihn begründeten Ansprüche berufen können. Kommt es zu keiner Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über den Sozialplan, kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Wenn Nachteile für die Belegschaft feststellbar sind, beschließt die Einigungsstelle einen Sozialplan, soweit es nicht vorher zu einer Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat kommt.
Dr. Andreas Lutz, Pflüger Rechtsanwälte GmbH
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