eNews Spezial zur Betriebsratswahl 2022 | Ausgabe 3
Betriebsratswahl: Wie neutral müssen Arbeitgeber und Wahlvorstände sein?
Gemäß § 20 Abs. 2 BetrVG darf niemand die Wahl des Betriebsrates durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflussen. Das Verbot der Wahlbehinderung und Wahlbeeinflussung in § 20 Abs. 2 BetrVG ist Ausprägung des für alle Wahlen geltenden allgemeinen Grundsatzes der freien Wahl und dient der Integrität der Wahl. Diese soll allein auf der freien Entscheidung der Betriebsangehörigen beruhen. Die Neutralitätspflicht gilt insbesondere für den Arbeitgeber als Gegenspieler des Betriebsrates.
Da für den Arbeitgeber ebenfalls die Meinungsfreiheit gilt, führt nicht jede Stellungnahme zu einzelnen Bewerbern oder Listen zu einer unzulässigen Beeinflussung. Er darf jedoch sich nicht in die Wahlwerbung einschalten, einzelne Kandidaten finanziell unterstützen oder beispielsweise die Stützunterschriften abholen.
Auch der Wahlvorstand hat diese Grundsätze bei der Amtsausführung zu beachten. Das ergibt sich aus dem Gebot der Chancengleichheit der Wahlbewerber, welches der Wahlvorstand aktiv sichern muss. Der Wahlvorstand unterliegt der Neutralitätspflicht und muss die Wahlvorschläge und die konkurrierenden Bewerber gleich behandeln.
Dabei darf er auf keinen Fall durch einseitige Bevorzugung der Bewerber oder der Listen die Wahl beeinflussen. Jede Form von „Sympathiebekundung“ für einzelne Bewerber oder Listen ist dabei nach einem Beschluss des LAG Baden-Württemberg vom 27.11.2019 (Az. 4 TaBV 2/19) ein Tabu. Der Wahlvorstand hat alles zu unterlassen, was die Chancen der Bewerber im Wettbewerb um Stimmen beeinflussen könnte. Dazu gehört nach dem LAG Baden-Württemberg auch, dass der Wahlvorstand den Briefwahlunterlagen keine Wahlwerbung für einzelne Kandidaten oder Listen beilegen darf.
In einem weiteren Fall hat das Arbeitsgericht Frankfurt/Oder mit Beschluss vom 26.06.2014 (Az. 6 BV 11/14) entscheiden, dass das Abdrucken eines Gewerkschaftslogos auf dem Wahlausschreiben unzulässig ist. Hingegen sind ein neutraler Wahlaufruf oder eine private Äußerung, die nicht dem Gremium des Wahlvorstands zuzuordnen ist, zulässig.
Hat der Wahlvorstand Zweifel, ob eine von ihm geplante Maßnahme die Chancengleichheit und damit die Wahlgrundsätze beeinflusst, sollte er das Vorhaben zur Vermeidung einer Anfechtung unterlassen oder vorab anwaltlichen Rat einholen.
Hakima Taous, Pflüger Rechtsanwälte GmbH
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