eNews 68 | Juni 2018

Aufhebungsvertrag mit Kündigungsandrohung – zahlt die Versicherung meinen Anwalt?

Ihr Chef bittet Sie um ein persönliches Gespräch und erklärt, man wolle beruflich zukünftig getrennte Wege gehen. Er legt Ihnen einen Aufhebungsvertrag vor und droht mit Kündigung für den Fall, dass man sich nicht einig werde. Keine ungewöhnliche Situation, denn Aufhebungsverträge erfreuen sich in Arbeitgeberkreisen zunehmend an Beliebtheit, um eine schnelle Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeizuführen. Anwaltliche Beratung ist in diesem Fall zu empfehlen. Doch zahlt die Rechtsschutz­versicherung auch dann die Anwaltskosten, wenn die Kündigung „nur“ angedroht ist?
 
Viele Arbeitgeber möchten sich die Kosten und Risiken eines Kündigungs­schutz­prozesses ersparen und umgehen eine Kündigung. Stattdessen wird mit dem Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages dann die Androhung einer Kündigung verbunden. Diese Kündigungsandrohung soll letztendlich den Arbeitnehmer dazu bewegen, sich auf die außergerichtliche, einvernehmliche Vertragsbeendigung einzulassen. Ob man dieses Angebot annehmen sollte, ist am besten nach anwaltlicher Beratung zu entscheiden. Ein Rechtsanwalt kann nicht nur Handlungsoptionen aufzeigen, sondern in aller Regel auch eine deutliche Optimierung der Ausstiegs­konditionen erreichen.

In der Regel übernehmen Rechtsschutzversicherungen die Anwaltskosten. Umstritten war lange Zeit, ob eine Einstandspflicht der Rechtsschutzversicherungen auch dann besteht, wenn der Arbeitgeber mit der Aushändigung eines Aufhebungsvertrages den Ausspruch einer Kündigung lediglich angedroht hat. Die Versicherungen verneinten hier häufig das Vorliegen eines Rechtsschutzfalls. Für Rechtsklarheit sorgte jedoch der Bundesgerichtshof (Az. IV ZR 305/07). Er entschied, dass die Rechtsschutz­versiche­rungen zur Übernahme der Rechtsanwaltskosten des Arbeitnehmers verpflichtet sind, wenn der Arbeitgeber für den Fall der Nichtannahme des Aufhebungsvertrages eine Kündigung schriftlich oder eindeutig mündlich angedroht hat. Bei der Verhandlung über den Aufhebungsvertrag muss jedoch die Rechtswidrigkeit der angedrohten Kündigung zur Stützung der Verhandlungsposition behauptet und dem Arbeitgeber auf diesem Wege eine Pflichtverletzung vorgeworfen werden.

Einschränkend ist hinzufügen, dass individuell ausgehandelte Versicherungs­bedingun­gen zulässig sind, sodass viele Rechtsschutzversicherungen ihre Tarife angepasst haben. Teilweise wird die Übernahme von Anwaltskosten bei angedrohten Kündigungen ausgeschlossen, teilweise wird die Übernahme außergerichtlicher Kosten begrenzt. Oft ist diese Handhabe dem Arbeitnehmer bei Abschluss seiner Versicherung nicht bewusst. Wir empfehlen daher, sich zu informieren, ob und in welchem Umfang die außergerichtliche Beratung und Vertretung durch einen Rechtsanwalt abgedeckt ist.

Zudem sollte der gewünschte Versicherungsumfang vorsorglich schriftlich dokumen­tiert werden, damit sich die Versicherung nicht im Nachhinein darauf berufen kann, der gewählte Tarif habe doch den Wünschen entsprochen. Die Beratung und die außergerichtliche Vertretung im Falle eines Aufhebungsvertrages mit gleichzeitiger Kündigungsandrohung sollte stets zum Versicherungsumfang gehören – vor allem vor dem Hintergrund, dass Arbeitgeber heute zunehmend eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Wege eines Aufhebungsvertrages anstreben.
 
Christina Hupka, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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