eNews 69 | September 2018

Abmahnung – die „gelbe Karte“ im Arbeitsrecht und ihre Besonderheiten

Begeht ein Fußballspieler ein Foul oder verstößt er in sonstiger Weise gegen die Spielregeln, kann es passieren, dass der Schiedsrichter die gelbe Karte zieht. Der Spieler sollte sich künftig vorsichtiger verhalten. Bei einer erneuten Regelverletzung droht ihm nun die rote Karte und er muss dann das Spielfeld verlassen. Bei einer groben Unsportlichkeit riskiert der Spieler auch ohne Verwarnung die rote Karte, zum Beispiel bei einer Tätlichkeit oder einer Beleidigung. Die Fußballer unter unseren Newsletter-Lesern mögen uns insoweit die vereinfachte Darstellung verzeihen. Denn ähnlich, wenngleich etwas komplizierter, verhält es sich mit der arbeitsrechtlichen gelben Karte, nämlich mit der Abmahnung. Womit müssen Sie also rechnen, wenn Sie Spielregeln im Arbeitsleben verletzen.

Es gibt keine gesetzliche Regelungen

Das Gesetz regelt weder die Form noch den Inhalt der Abmahnung. Ist tarifvertraglich die Schriftform nicht vorgeschrieben, so kann die Abmahnung auch mündlich erfolgen. Jeder weisungsbefugte Vorgesetzte ist abmahnungsberechtigt.

Pflichtverletzung muss dem Arbeitnehmer klar sein

Die inhaltlichen Voraussetzungen ergeben sich aus den Funktionen der Abmahnung.
Die Dokumentationsfunktion: Aus der Abmahnung muss ohne jeden Zweifel hervorgehen, welche konkrete Pflichtwidrigkeit dem Arbeitnehmer zum Vorwurf gemacht wird.
Die Hinweisfunktion: Außerdem muss dem Arbeitnehmer aufgezeigt werden, wie er sich in Zukunft zu verhalten hat.
Die Warnfunktion: Des Weiteren muss der Arbeitgeber unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass im Wiederholungsfall mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bzw. mit einer Kündigung zu rechnen ist. Fehlt eine solche Warnung, handelt es sich nur um eine Ermahnung, die in der Regel kündigungsrechtlich irrelevant ist.

Bei einer sehr groben Pflichtverletzung des Arbeitnehmers kann eine Kündigung allerdings ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt sein. Wer in die Kasse greift, kann nicht davon ausgehen, vor einer Kündigung noch abgemahnt werden zu müssen. 

Erfüllt die Abmahnung diese Funktionen, so muss sie weiterhin verhältnismäßig sein. Rügt der Arbeitgeber Lächerlichkeiten und Kleinigkeiten und schießt er gleichsam mit „Kanonen auf Spatzen“, ist die Abmahnung unverhältnismäßig. 

Wie können Beschäftigte auf eine Abmahnung reagieren

Eine zu Unrecht erteilte Abmahnung verletzt das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und wirkt sich nachteilig auf sein berufliches Fortkommen aus. Deswegen hat der Arbeitnehmer mehrere Möglichkeiten, wie er auf eine Abmahnung reagieren kann.

Zum Beispiel kann er eine Gegendarstellung verfassen, in der er auf die Vorwürfe kurz und präzise eingeht. Der Arbeitnehmer kann aber auch verlangen, dass die Abmahnung aus der Personalakte entfernt und vernichtet wird. Ist der Arbeitgeber dazu nicht bereit, kann der Arbeitnehmer gegen die Abmahnung klagen.

Ist der Arbeitnehmer gegen die Abmahnung nicht vorgegangen und kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis wegen eines erneuten vergleichbaren Pflichtverstoßes, so kann der Arbeitnehmer die Abmahnung auch noch im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses überprüfen lassen. Erweist sich die Abmahnung als unwirksam, so entfällt in der Regel die Grundlage für die verhaltensbedingte Kündigung. 

Will der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis beenden, kann ein Prozess gegen die Abmahnung im Übrigen eine Bühne für entsprechende Beendigungs- und Abfindungsverhandlungen bieten. 

Anders als im Fußball, wird die gelbe Karte im Arbeitsrecht nicht von einem unparteiischen Schiedsrichter, sondern von dem sehr wohl parteiischen Arbeitgeber erteilt. Insofern überrascht es nicht, dass in der Praxis viele Abmahnungen unberechtigt sind. Es kann sich also lohnen, bereits der Erteilung einer gelben Karte zu widersprechen, bevor die rote Karte gezogen wird.
   
Alexander Peters, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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