eNews 69 | September 2018

Kann mir gekündigt werden, wenn ich meinen Urlaub einseitig verlängere?

Das Bundesurlaubsgesetz regelt nicht nur die Urlaubsdauer, sondern auch die Bedingungen, unter denen Urlaub zu gewähren ist. So kann ein Arbeitgeber einen genehmigten Urlaub nicht einseitig rückgängig machen. Aber gilt dann auch für Arbeitnehmer, dass sie sich an den einmal genehmigten Urlaubszeitraum zu halten haben? Oder kann ihnen sogar gekündigt werden, wenn sie sich nicht an den vereinbarten Urlaubsrahmen halten? Das Arbeitsgericht Düsseldorf hatte 2017 über die Rechtmäßigkeit einer Kündigung zu entscheiden, die aufgrund der einseitigen Urlaubsverlängerung einer Mitarbeiterin ausgesprochen worden war – und hier klar entschieden.

In diesem Fall war die Nachwuchsmanagerin eines Telekommunikationsunternehmens in einem genehmigten Kurzurlaub auf Mallorca, als sie überraschend von ihrem Vater besucht wurde. Dieser war nachgereist, um mit seiner Tochter den in einem berufsbegleitenden Studium erlangten Masterabschluss zu feiern. Am Montag nach dem Urlaubsende kehrte die Managerin dann nicht wie geplant an ihren Arbeitsplatz zurück. Stattdessen bat sie ihren Vorgesetzten in einer E-Mail um nachträgliche Genehmigung eines „Spontanurlaubs“. In der Euphorie über die Zusammenkunft mit ihrem Vater habe sie keine Möglichkeit gehabt, die Urlaubsverlängerung vorher zu beantragen, und sie entschuldigte sich zugleich für die „Überrumpelung“.

Der Vorgesetzte antwortete hierauf allerdings nicht so, wie es die Managerin erwartet haben mag. Ihre Rückkehr an den Arbeitsplatz sei aus dringenden Gründen erforderlich. Mit anderen Worten: „Kommen Sie bitte am Dienstag zur Arbeit“. Urlaub könne die Beschäftigte erst wieder am Freitag der laufenden Woche und am Montag und Dienstag der Folgewoche nehmen. Die Rückkehr von der Insel sei aus Arbeitgebersicht also unabdingbar.

Entgegen dieser dieser Mitteilung blieb die Mitarbeiterin eine weitere Woche in Urlaub. Sie erschien erst am Montag der Folgewoche am Arbeitsplatz. Das Unternehmen kündigte ihr daraufhin ordentlich und fristgerecht. Ist eine solche Kündigung wirksam? Hätte der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin nicht zunächst abmahnen können? Oder wäre der Einbehalt der Vergütung für die Zeit des eigenmächtigen Urlaubs nicht das angemessene Mittel gewesen?

Das im Kündigungsprozess angerufene Arbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 20.12.2017, Az. 8 Ca 3919/17) legte strengere Maßstäbe an. Es wies darauf hin, dass eigenmächtige Inanspruchnahme von Urlaub im Einzelfall sogar eine fristlose Kündigung rechtfertigen könne. Der Mitarbeiterin hätte jedenfalls nach der E-Mail ihres Vorgesetzten klar sein müssen, dass ihr Erscheinen am Arbeitsplatz erwartet würde. Folglich wies das Arbeitsgericht die Klage gegen die Kündigung ab. Die Mitarbeiterin habe die falschen Prioritäten gesetzt und habe nicht davon ausgehen können, ihre einseitige Urlaubsverlängerung werde vom Unternehmen hingenommen. Im Ergebnis liege daher eine beharrliche Arbeitsverweigerung vor, die eine Kündigung rechtfertige.

Die Nachwuchsmanagerin ging zwar in Berufung, musste sich aber auf einen nicht sehr vorteilhaften Vergleich einlassen. Sie beendete ihr Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, die einem knappen Gehalt entsprach (Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Az. 8 Sa 87/17). Es ist zu vermuten, dass sie andernfalls auch in zweiter Instanz ihren Kündigungsschutzprozess verloren hätte.

Der Fall macht eindringlich klar, dass eigenmächtiger Urlaub eine nicht zu entschuldigende Arbeitsverweigerung darstellt. Ein „Spontanurlaub“, etwa bei schönem Wetter, oder eine sonstige Urlaubsverlängerung sind nur möglich, wenn der Vorgesetzte dem auch zustimmt.
 
Dr. Norbert Pflüger, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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