eNews 74 | September 2019

Begrenzt der Datenschutz die Rechte des Betriebsrats?

Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) räumt dem Betriebsrat Informationsrechte ein, um beispielsweise seinen Kontrollaufgaben entsprechen zu können. Häufig werden in diesem Zusammenhang Fragen des Datenschutzes aufgeworfen, welche diese einschränken sollen. Beispielhaft sind hier das Einsichtsrecht in Gehaltslisten sowie die Auskunft über das Bestehen von Schwangerschaften zu nennen. Zwei aktuelle Entscheidungen bringen in beiden Bereichen erste Klarheit.

Der Betriebsrat hat nach § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG das Recht, dass ihm alle erforder­lichen Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, die er zur Durchführung seiner Aufgaben benötigt. Hierzu zählt auch die Einsichtnahme in die Listen über die Bruttolöhne. Das BetrVG weist dieses Recht dem Betriebsausschuss oder einem nach § 28 BetrVG gebildeten Ausschuss zu. Bei kleineren Gremien, die keinen Betriebs­ausschuss bilden können, steht das Einsichts­recht dem Betriebs­rats­vorsitzenden oder einem anderen beauftragten Betriebsrats­mitglied zu.

Von diesem Recht machte ein Betriebsrat in einem Fall des Bundesarbeitsgerichts vom 07.05.2019 (Az. 1 ABR 53/17) Gebrauch. Uneinigkeit zwischen den Betriebsparteien bestand hinsichtlich der Frage, ob der Arbeitgeber die Gehaltslisten anonymisieren darf. Das Gericht entschied, dass die Gehaltslisten nicht anonymisiert werden dürfen. Entscheidend war, dass der Betriebsrat anderenfalls seine Kontrollaufgabe nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG nicht erfüllen kann. Die seitens der Arbeitgeberin erhobenen Einwände des Datenschutzes überzeugten das Gericht nicht. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG ist die Datenverarbeitung zum Zwecke der Ausübung von Rechten der Interessenvertretung der Beschäftigten ausdrücklich erlaubt. Entsprechend kann der Arbeitgeber dem Betriebsrat nicht entgegenhalten, dass er zur Weitergabe der Daten nicht befugt sei. Das BAG setzt damit die Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte fort, die sich ebenfalls gegen die Anonymisierung ausgesprochen haben (z.B. LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 15.05.2019 – Az. 3 TaBV 10/18).

Gleichwohl muss der Betriebsrat sich verstärkt mit dem Datenschutz und dem Umgang mit Daten in seinem Einflussbereich beschäftigen. Eine neuere Entscheidung des BAG zeigt, welche Aufgaben auf die Gremien zukommen.

In dem am 09.04.2019 entschiedenen Fall (Az. 1 ABR 51/17) verlangte der Betriebsrat Mitteilung darüber, welche Mitarbeiterinnen schwanger sind. Der Arbeitgeber seinerseits gewährte den Schwangeren die Möglichkeit, der Weitergabe dieser Information zu widersprechen. Entsprechend verweigerte der Arbeitgeber die Mitteilung gegenüber dem Betriebsrat.

Das BAG entschied, dass die Rechte des Betriebsrats nicht zur Disposition der Arbeit­nehmer stehen, also die Weitergabe der Information über die Schwangerschaft nicht von deren Zustimmung abhängig ist. Allerdings, so das BAG, muss der Betriebsrat selbst Maßnahmen treffen, um die Vertraulichkeit der sensiblen Informationen sicher­zustellen. Der Arbeitgeber kann daher die Information und Übermittlung von Daten verweigern, wenn der Betriebsrat nicht darlegt, dass er Schutzmaßnahmen zur Sicherung der Daten getroffen hat. Das BAG zeigt dazu den Gremien Lösungen auf: der zuverlässige Verschluss der Daten, Gewähr begrenzter Zugriffsmöglichkeiten oder deren Beschränkung auf einzelne Betriebsratsmitglieder sowie die Löschung von Daten nach Beendigung der Überwachungsaufgabe.

Es bleibt also dabei, dass der Datenschutz der Aufgabenwahrnehmung der Betriebsräte keine Grenzen setzt. Allerdings werden sich die Gremien mit der Sicherheit der Daten beschäftigen müssen, die in ihrem Kontrollbereich aufbewahrt werden. Den Gremien ist daher zu raten, sich rechtzeitig und umfassend zu informieren, welche Anforderungen der Datenschutz stellt und wie diese umgesetzt werden können.
 
Dr. René von Wickede, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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