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eNews 74 | September 2019

Was ist meine Arbeit als Betriebsrat wert?

Medienwirksam wurden in der jüngeren Vergangenheit immer wieder die exorbitanten Gehälter der Betriebsratschefs großer Konzerne kritisiert. Die VW- und Siemens-„Affären“ über die hohe Vergütung der Betriebsratsvorsitzenden haben ihre Spuren hinterlassen und in der Öffentlichkeit ein einseitiges Bild gezeichnet. Die Realität der meisten Betriebsratsmitglieder ist jedoch nicht von einem hohen Einkommen geprägt. Im Gegenteil: Ihre Vergütung bleibt meist weit hinter dem Niveau zurück, das sie ohne Betriebsratstätigkeit, vor allem durch Beförderungen haben könnten. Wie regelt das Betriebsverfassungsgesetz die Vergütung von Betriebsräten und was sollten diese beachten, um angemessen vergütet zu werden?

Nicht nur in großen Konzernen, sondern bereits im Mittelstand sind Betriebsrats­mitglieder oft mit komplexen und herausfordernden Aufgaben betraut. Sie müssen sich im Rahmen ihrer Betriebsratstätigkeit Kenntnisse aneignen, die häufig nichts mehr mit ihrer bisherigen Arbeitstätigkeit zu tun haben, um mit dem Arbeitgeber auf Augenhöhe verhandeln zu können. Nach der „aktuellen“ Gesetzeslage dürfen Arbeitgeber allerdings auf die gestiegenen Fachkenntnisse von Betriebsratsmitgliedern nicht mit Gehalts­erhöhungen reagieren.

Gemäß § 78 S. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) dürfen Betriebsratsmitglieder wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt, aber auch nicht begünstigt werden. Gehaltsentwicklungen können sich demnach bei freigestellten Betriebsratsmitgliedern ausschließlich nach § 37 Abs. 4 BetrVG richten. Dieser verlangt die Bildung einer Vergleichsgruppe. Der Arbeitgeber hat also zu ermitteln, welche Arbeitnehmer mit einem Betriebsratsmitglied bei Amtsantritt vergleichbar waren und wie sich deren Gehalt entwickelt hat. Das Betriebsratsmitglied hat dann einen Anspruch auf die gleiche Verdienstentwicklung.

Solche Vergleichsgruppen lassen sich heutzutage allerdings nur noch schwer bilden, da viele Fachkräfte mit unterschiedlichsten Qualifikationen, Aufgaben und Verant­wort­lich­keiten beschäftigt werden und die Karrierewege völlig verschieden verlaufen. Gibt es nur einen oder gar keinen vergleichbaren Arbeitnehmer wird es für das Betriebsrats­mitglied schwierig, einen Anspruch auf Gehaltserhöhung durchzusetzen. Vollkommen unberücksichtigt bleiben bei dieser Betrachtung Qualifikationen, die durch die Betriebsratstätigkeit erlangt worden sind.

Die geltende Rechtslage hinsichtlich der Betriebsratsvergütung ist demnach nicht mehr zeitgemäß, da sie es Arbeitgebern sehr leicht ermöglicht, Betriebsratsmitgliedern eine Vergütungserhöhung wegen fehlender vergleichbarer Kollegen zu verwehren. Derzeit ist den Betriebsräten daher zu empfehlen, mit den Arbeitgebern konkretisierende Betriebsvereinbarungen über die Ermittlung vergleichbarer Arbeitnehmer zu treffen. In einer solchen Vereinbarung sollte festgehalten werden, welche Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsamts ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten wie das Betriebsratsmitglied ausgeübt haben und dafür in ähnlicher Art und Weise wie das Betriebsratsmitglied fachlich und persönlich qualifiziert sind.
 
Saskia Steffen, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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