eNews 76 | Mai 2020

Was tun bei Kündigung?

Das Corona Virus hat das Wirtschaftsleben zum Stillstand gebracht, nahezu alle Branchen sind derzeit von Kurzarbeit betroffen. Und trotz vorsichtiger Lockerungen und einer schrittweisen Rückkehr ins Arbeitsleben sorgen sich viele um die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze. Steht am Ende der Kurzarbeit die Kündigung? In Krisenzeiten gibt es keine Arbeitsplatzgarantie, aber das deutsche Kündigungsschutzgesetz (KSchG) verhindert ein „hire and fire“. Worauf Beschäftigte achten sollten, erfahren Sie hier:

Schritt 1: Ermitteln Sie Kündigungsschutz und Kündigungsfrist!

Beschäftigt Ihre Firma mehr als zehn Arbeitnehmer und besteht Ihr Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate, kann Ihr Arbeitgeber Sie nicht grundlos kündigen. Um vor dem Arbeitsgericht Bestand zu haben, muss die Kündigung eines Mitarbeiters „betriebs­bedingt“, „verhaltensbedingt“ oder „personenbedingt“ sein.

Wichtig zu wissen: Jeder dieser Gründe muss vom Arbeitgeber belegt werden, auch wenn sich diese nicht aus dem Kündigungsschreiben ergeben müssen. Gibt es einen Betriebsrat, muss der Arbeitgeber auch diesem die Gründe für Ihre Kündigung mitteilen. Andernfalls ist die Kündigung wegen fehlender Beteiligung des Betriebsrats unwirksam.

Schritt 2: Prüfen Sie, ob freie Arbeitsplätze ausgeschrieben sind und ob die Sozialauswahl beachtet wurde!

Bei einer betriebsbedingten Kündigung sollten Sie prüfen, ob Ihr Unternehmen freie Arbeitsplätze ausgeschrieben hat. Ist dies der Fall, ist die Kündigung unwirksam. Weiter ist eine ausreichende Sozialauswahl einzuhalten. Bei dieser kommt es auf die Betriebs­zugehörigkeit, das Lebensalter, das Bestehen von Unterhaltspflichten und das Vorliegen einer Schwerbehinderung an.

Gut zu wissen: Die Sozialauswahl ist angreifbar, wenn Sie Ihr Chef unter vergleichbaren Arbeitnehmern ausgewählt hat, obwohl ein anderer Mitarbeiter aufgrund seiner Sozialdaten – Alter, Familienstand, Unterhaltspflichten – weniger stark von einer Kündigung betroffen wäre.

Schritt 3: Besteht verstärkter Kündigungsschutz aufgrund eines Tarifvertrages?

Beachten Sie einen für Sie geltenden Tarifvertrag. Die ordentliche, das heißt frist­gemäße Kündigung kann durch Tarifvertrag für ältere und Mitarbeiter mit längerer Betriebszugehörigkeit beschränkt oder ganz ausgeschlossen sein.

Schritt 4: Sind Sie gegen ordentliche Kündigungen geschützt?

Schwangeren und Schwerbehinderten kann der Arbeitgeber nur nach Zustimmung einer Behörde kündigen.

Gut zu wissen: Ein Engagement in der Kommunalpolitik kann ebenfalls vor ordentlichen Kündigungen schützen; das muss sich aber aus der Gemeindeordnung Ihres Bundes­landes ergeben. Gegenüber Betriebsratsmitgliedern sind nur außerordentliche und fristlose Kündigungen zulässig. Da müsste schon etwas Gravierendes gegen Sie vorliegen. Und das sind nur Beispiele für Sonderkündigungsschutz.

Schritt 5: Wurde die Kündigungsfrist beachtet?

Prüfen Sie immer, ob der Arbeitgeber die für Sie geltende Kündigungsfrist eingehalten hat. Diese Frist ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag oder dem Gesetz. Manchmal enthalten auch Manteltarifverträge branchenspezifische Regelungen zur Kündigungsfrist.

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Reicht die Begründung der Kündigung nicht aus, stehen die Chancen gut, sich gegen den drohenden Arbeitsplatzverlust zu wehren.

Schritt 6: Im Zweifel Klage erheben!

Kommen Sie nach einer Prüfung zu dem Ergebnis, dass eine Kündigung nicht zulässig sein könnte, können Sie Klage erheben.

Wichtig zu wissen: Für alle Kündigungsarten gilt, dass Sie nur einen begrenzten Zeitraum haben, um die Kündigung anzugreifen. Erheben Sie nicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung die so genannte „Kündigungsschutzklage“, wird die Kündigung wirksam. Ihr Arbeitsplatz ist dann verloren. Das ist besonders bedauerlich, wenn Ihr Arbeitgeber die Kündigung nur schlecht hätte begründen können.

Wichtig zu wissen: Das Versäumnis der Drei-Wochen-Frist kann auch Folgen für das Arbeitslosengeld haben. Die Arbeitsagentur kann äußerstenfalls eine „Sperrfrist“ von zwölf Wochen verhängen, wenn sie der Auffassung ist, Sie hätten durch das Unterlassen der Klage Ihre Arbeitslosigkeit selbst verschuldet. Während der „Sperrfrist“ gibt es kein Arbeitslosengeld, obwohl der Job weg ist. Im Zweifel also besser die Klage erheben, als den Kopf untätig in den Sand zu stecken.

Die Erfolgsaussichten einer Klage sollten Sie von einem Anwalt überprüfen lassen. Arbeitsrecht ist fallbezogenes Richterrecht. Sie können die Erfolgsaussicht einer Klage keineswegs nur aus dem Gesetzestext ermitteln.

Nach Erhalt der Kündigung sollten Sie sich frühzeitig einen Termin bei der Arbeits­agentur geben lassen. So sind Sie auf der sicheren Seite. Die Mitarbeiter der Arbeitsagentur werden nach der Meldung einen Vorgang anlegen, sodass Ihr Arbeits­losengeldanspruch schnell bearbeitet werden kann. Je schneller Sie sich bei der Arbeitsagentur melden, desto schneller kann diese Ihren Arbeitgeber zur Abgabe der Arbeits­bescheinigung veranlassen.
 
Dr. Norbert Pflüger, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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