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eNews 77 | September 2020

Kann mir der Arbeitgeber verbieten, während der Covid-19-Pandemie eine Maske zu tragen?

Nach der Zeit im „Lockdown“ kehren viele Arbeitnehmer aus dem Homeoffice in ihre Betriebe zurück. Die Rückkehr an den Arbeitsplatz stellt viele Arbeitnehmer vor die Frage, wie sie sich selbst und andere vor dem Covid-19-Virus schützen können. Wäh­rend der Arbeitnehmer sich in seinem Privatleben selbst um diesen Schutz kümmern kann, ist er an seinem Arbeitsplatz oftmals auf das Ergreifen von Schutz­maßnahmen durch seinen Arbeitgeber angewiesen. Ist der Arbeitgeber unkooperativ, stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer z. B. das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes sogar verbieten kann. Muss der Arbeitnehmer gar bei Missachtung einer solchen Weisung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur Kündigung rechnen?

Das Bundesministerium für Arbeit hat im konkreten Bezug auf Covid-19 bisher lediglich den sogenannten SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard („Arbeitsschutzstandard“) als praktische Handlungsempfehlung formuliert. So soll unter anderem der Mindest­abstand von 1,50 m zwischen den einzelnen Personen im Betrieb eingehalten werden und – wo ein solcher Mindestabstand nicht sichergestellt werden kann – sollen nach Möglichkeit transparente Abtrennungen installiert werden. Außerdem sollen Mund-Nasen-Bedeckungen zur Verfügung gestellt werden.

Einen konkreten Rechtsanspruch von Arbeitnehmern auf die Umsetzung der Handlungsempfehlungen, wie etwa auch ein temporäres Homeoffice, lässt sich hieraus nicht ableiten, denn es handelt sich grundsätzlich nicht um verbindliche Vorgaben.

Was der Arbeitgeber zum Schutz seiner Mitarbeiter tun darf und muss, ergibt sich insbesondere aus den allgemeinen Grundsätzen des Arbeitsschutzes und der sogenannten Fürsorgepflicht, die sich unter anderem auf § 618 BGB stützt. So müssen Arbeitgeber nach § 1 Arbeitsschutzgesetz sicherstellen, dass die Mitarbeiter ihre Arbeit gefahrlos ausüben können und hierzu alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Das Bundesarbeitsgericht hat dabei klargestellt, dass es sich hierbei auch um präventive Maßnahmen handelt.

Was die erforderlichen Maßnahmen konkret sind, bestimmt sich dabei nach dem Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstigen gesicherten arbeits­wissen­schaftlichen Erkenntnissen. Dazu gehören in Zeiten von Covid-19 an erster Stelle Informationen über Infektionsgefahren und entsprechende Schutz­maßnahmen, auch entsprechend der Handlungsempfehlung.

Sind Arbeitnehmer durch die Art ihrer Tätigkeit höheren Infektionsrisiken ausgesetzt, beispielsweise in Gesundheitswesen, Transport, Logistik oder Verkauf, gelten auch höhere Sicherheitsanforderungen. Hier kann es dann sogar Pflichten für den Arbeit­geber geben, stärkere Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Letztlich liegt es gerade auch im Interesse des Arbeitgebers, zur Aufrechterhaltung des Betriebs die Arbeitnehmer so gut wie möglich zu schützen, auch präventiv. Daher kann der Arbeitgeber das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes nicht ohne Weiteres verbieten und muss dies sogar anordnen, wenn der Arbeitsplatz mit einem erhöhten Risiko verbunden ist, wie etwa am Flughafen oder im Bereich der Pflege.

Gemessen an den Vorgaben des Arbeitsschutzes ist das Verbot des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes und eine hierauf gestützte Abmahnung oder gar Kündigung durch den Arbeitgeber regelmäßig unberechtigt und insofern unwirksam. Dabei spielen jedoch immer auch die Umstände des Einzelfalls eine Rolle.

In Betrieben, in denen ein Betriebsrat besteht, kann der Arbeitgeber eine solche Weisung auch nicht einseitig durchführen, sondern muss sich mit dem Betriebsrat abstimmen, da es sich bei Fragen des Gesundheitsschutzes um Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung handelt.

Sollte sich Ihr Arbeitgeber nicht an die Grundsätze des Arbeitsschutzes und die Fürsorgepflicht halten oder gar arbeitsrechtliche Konsequenzen androhen, beraten wir Sie gerne.
 
Barbara Förster, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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