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eNews 83 | Oktober 2022

BAG sieht Pflicht zur Arbeitszeiterfassung: Ein Paukenschlag oder nicht?

Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 13.09.2022 – Az. 1 ABR 22/21) hat in einer bereits vielfach zitierten Entscheidung kürzlich festgestellt, dass Arbeit­geber verpflichtet seien, ein System einzuführen, mit dem die Arbeit­szeit ihrer Arbeit­nehmer erfasst wird. Das Urteil wird von vielen Autoren als großer Pauken­schlag bezeichnet – aber ist es das auch wirklich?

Zunächst bleibt festzuhalten, dass bislang nur die Presse­mitteilung des BAG vorliegt und die ausführliche Urteils­begründung noch aussteht. Was lässt sich der kurzen Presse­mitteilung tatsächlich bzw. vielmehr nicht entnehmen?

  • Betriebsräte haben kein Initiativrecht auf Einführung eines Systems zur Arbeits­zeite­rfassung, da Arbeit­geber hierzu bereits nach einer unions­konformen Auslegung des § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet seien.
  • Das BAG äußerte sich nicht dazu, wie die Arbeits­zeit – elektronisch oder auf andere Weise – zu erfassen ist. Zu den Anforde­rungen des EuGH aus dem Jahr 2019 (Urteil vom 14.05.2019 – Az. C-55/18) „objektiv, verlässlich, zugänglich“ steht jedenfalls in der Presse­mitteilung nichts.

Die Aufregung um das jüngst ergangene Urteil des BAG lässt sich insofern nicht ganz nach­voll­ziehen, als das der EuGH bereits im Jahr 2019 die Verpflichtung zur Arbeits­zeit­erfassung festgestellt hat. Seitdem wird auf eine dringend notwendige Umsetzung durch den nationalen Gesetz­geber gewartet. Diese ist nach dem aktuellen Urteil des BAG noch viel wichtiger, um endlich für Rechts­sicher­heit in Arbeits­verhältnissen zu sorgen und Arbeit­gebern verlässliche Kriterien für die Erfassung der Arbeits­zeit ihrer Arbeit­nehmer zu geben. Mit großer Spannung sollte aber die ausführ­liche Begrün­dung des BAG in Bezug auf die Versagung eines Initiativ­rechts der Betriebs­räte zur Einführung eines Zeit­erfassungs­systems erwartet werden. Bei § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG handelt es sich nämlich eigentlich um eine ausfüllungs­bedürftige Rahmen­vorschrift, für die ein Mitbestimmungs­recht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG besteht. Warten wir also ab, wie uns Erfurt das erläutern wird.
 
Saskia Steffen, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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