eNews 84 | Dezember 2022

Versetzung ins Ausland

Der Arbeitgeber kann aufgrund seines arbeitsvertraglichen Direktionsrechts den Arbeitnehmer anweisen, an einem Arbeitsort des Unternehmens im Ausland zu arbeiten, wenn nicht im Arbeitsvertrag ausdrücklich oder den Umständen nach konkludent etwas anderes vereinbart worden ist. § 106 GewO begrenzt das Weisungsrecht des Arbeitgebers insoweit nicht auf das Territorium der Bundesrepublik Deutschland. Die Ausübung des Weisungsrechts im Einzelfall unterliegt nach dieser Bestimmung allerdings einer Billigkeitskontrolle.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 30. November 2022 (Az. 5 AZR 336/21) die Klage eines Piloten abgewiesen. Die Arbeitgeberin, ein international tätiges Luftverkehrsunternehmen, hatte mit dem Piloten arbeitsvertraglich vereinbart, dass er auch an anderen Orten stationiert werden kann. Nachdem die Arbeitgeberin die Homebase in Nürnberg schloss, versetzte sie den Piloten nach Bologna und sprach vorsorglich eine Änderungskündigung aus.

Das BAG war bereits in der Vergangenheit im Hinblick auf die Wirksamkeit von Versetzungsklauseln arbeitgeberfreundlich. Nun wird mit diesem Urteil das Weisungsrecht des Arbeitsgebers nochmals erweitert und eine Versetzung ins Ausland rechtlich ermöglicht. Diese muss dann – wie jede Versetzung bisher auch – billigem Ermessen entsprechen und der Ausübungskontrolle standhalten. Im Kern sind die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers an der Ausübung des Direktionsrecht und die der betroffenen Arbeitnehmer abzuwägen.

Die Weisung der Arbeitgeberin entsprach im entschiedenen Fall der Billigkeit, da es keine offenen Stellen an einem anderen inländischen Stationierungsort gab, ein Einsatz als „Mobile Pilot“ nicht möglich war und alle am Flughafen Nürnberg stationierten Piloten an einen Standort in Italien versetzt wurden. Des Weiteren ließ die Weisung den Inhalt des Arbeitsvertrags, insbesondere das arbeitsvertragliche Entgelt, unberührt. Auf die Wirksamkeit der vorsorglich ausgesprochenen Änderungskündigung kam es dann nicht mehr an.

Da die Arbeitswelt immer internationaler wird, sollten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ein besonderes Augenmerk auf die Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag legen und gegebenenfalls eine Änderung des Arbeitsortes ins Ausland vertraglich ausschließen.

 Hakima Taous, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

Auch in dieser Ausgabe:

Das BAG und die Arbeitszeiterfassung Lesen
Urlaubsanspruch während der Elternzeit und die Wirksamkeit von Ausschlussfristen Lesen
 

Copyright: © Saskia Steffen, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

Alle Rechte vorbehalten. Abdruck und / oder Vervielfältigung der Texte oder Auszüge aus ihnen nur nach Rücksprache und mit Genehmigung des Rechteinhabers.

All rights reserved. No part of the newsletter may be reproduced in any form without written permission from the author.