eNews 87 | Juni 2023

Corona-Quarantäne im Urlaub: Müssen Arbeitgeber die Urlaubstage nachgewähren?

In der bisherigen Rechtsprechung wurde eine Nachgewährung von Urlaub im Fall einer behördlich angeordneten Quarantäne ohne ärztlich bescheinigte Arbeitsunfähigkeit mehrheitlich durch die Gerichte abgelehnt. Die Begründung war, dass die Voraussetzungen des § 9 BUrlG nicht erfüllt seien und eine analoge Anwendung nicht in Betracht komme. Das LAG Hamm vertrat allerdings eine gegenteilige Auffassung und bejahte die analoge Anwendung des § 9 BUrlG. Das BAG musste sich daraufhin mit dem Fall befassen und legte die Sache dem EuGH vor. Nach Ansicht des BAG sei entscheidungserheblich, ob das Recht der Europäischen Union eine innerstaatliche Regelung gestatte, die den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub durch Freistellung und Fortzahlung der Vergütung auch für Zeiten als erfüllt ansehe, in denen nach der Urlaubsbewilligung eine Quarantäne angeordnet wurde, obwohl der Arbeitnehmer selbst nicht erkrankt war, sondern nur mit einer infizierten Person Kontakt hatte.

Das Urteil des EuGH steht zwar noch aus, in einem vergleichbaren Fall hat sich der Generalanwalt des EuGH aber ebenfalls mit der Frage befasst und ein entsprechendes Gutachten vorgelegt.

Darin räumt er ein, dass ein Arbeitnehmer, der während seines Urlaubs Kontakt mit einem Corona-Infizierten hatte und daraufhin in Quarantäne musste, in seiner Bewegungsfreiheit und den Freizeitmöglichkeiten erheblich eingeschränkt war, allerdings bedeute das Recht auf Jahresurlaub nicht automatisch auch ein Recht auf Erholung, Entspannung und Freizeitaktivitäten. Er kommt in seinen Schlussanträgen zu dem Ergebnis, dass das Unionsrecht nicht vorschreibt, dass der bezahlte Jahresurlaub eines Arbeitnehmers, der mit einer behördlich angeordneten Quarantäne zusammenfällt, auf einen anderen Zeitraum verschoben wird. Die Rechtsprechung des EuGH zum Krankheitsurlaub lässt sich nicht auf die Fälle einer behördlich angeordneten Absonderung übertragen, da keine Arbeitsunfähigkeit im Sinne der EuGH-Rechtsprechung vorliege. Anders ist es natürlich, wenn der Arbeitnehmer während des Urlaubs krankgeschrieben werde. Denn Krankheitstage sind nach wie vor vom Urlaub abzuziehen, betont das Gutachten.

Zwischenzeitlich hat sich jedoch auch der Gesetzgeber eingeschaltet und die Frage der Anrechenbarkeit der Quarantänetage auf den Jahresurlaub durch den neuen § 59 Abs. 1 IfSG geregelt. Nach § 59 abs. 1 IfSG werden die Tage der Absonderung nicht auf den Jahresurlaub angerechnet, wenn ein Beschäftigter während seines Urlaubs abgesondert wird oder er sich auf Grund einer nach § 36 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 IfSG erlassenen Rechtsverordnung abzusondern hat. Mit dieser Regelung können Arbeitnehmer nun bei Zusammentreffen ihres Jahresurlaubs mit einer Quarantäneanordnung die Urlaubstage zurückerhalten, auch wenn sie kein ärztliches Attest erhalten haben. Die Regelung ist allerdings erst auf solche Fälle seit In-Kraft-Treten des Gesetzes am 17.09.2022 anwendbar.
 
Barbara Förster, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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