eNews 92 | April 2024

Altersdiskriminierung in Stellen­ausschreibungen – Suche eines „Digital Native“

Arbeitgeber sind verpflichtet, Stellenaus­schreibungen so zu formulieren, dass sie Bewerber weder wegen des Geschlechts, der Rasse oder ethnischen Herkunft, einer Behinderung, der Religion oder Welt­anschauung, der sexuellen Identität oder des Alters benach­teiligen. Wann eine solche Benach­teiligung anzunehmen ist, wird von der Recht­sprechung regel­mäßig konkretisiert. Das Arbeits­gericht Heilbronn (Urteil vom 18.01.2024, Az. 8 Ca 191/23) musste sich kürzlich mit der Frage beschäftigen, ob die Suche nach einem „Digital Native“ ein Indiz für eine Alters­diskrimi­nierung sei.

In der Stellenausschreibung eines Sport­artikel­herstellers hieß es wörtlich: „Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Daten­getriebenen PR, des Bewegt­bilds und allen gängigen Programmen für DTP, CMS, Gestaltung und redaktionelles Arbeiten zu Hause.“ Ein 1972 geborener Wirtschafts­jurist bewarb sich auf die Stelle und erhielt eine Absage, die er im Hinblick auf sein Alter für benach­teiligend empfand. Er klagte eine Entschädigung in Höhe von EUR 37.500 ein. Das Unternehmen bestritt eine Altersdiskriminierung und gab als Grund für die Ablehnung eine Überqualifizierung des Bewerbers und einen fehlenden Bezug zur Unter­nehmens­tätig­keit an. Mit der Bezeichnung „Digital Native“ sollten sich Personen angesprochen fühlen, die sich in der digitalen Welt zu Hause fühlten, ohne dass damit eine bestimmte Alters­grenze gezogen werden sollte. Es verwies zudem auf die insgesamt „lockere Sprache“ in der Stellen­anzeige. Das Arbeits­gericht Heilbronn gab dem Bewerber Recht und sieht in dem Begriff ein Indiz für eine Alters­diskriminierung. Es begründete seine Entscheidung damit, dass unter einem „Digital Native“ im allgemeinen Sprach­gebrauch Personen gemeint seien, die mit digitalen Technologien aufgewachsen seien und nahm eine Abgrenzung zu anderen Generationen entstammenden „Digital Immigrants“ und „Digital Outsidern“ vor. Das Unter­nehmen habe mit der Verwendung des Begriffs zum Ausdruck gebracht, dass es nicht nur eine Person mit sicheren Kennt­nissen im Bereich der digitalen Techno­logien suche, sondern jemanden, der diese Eigen­schaft von Natur aus als „Eingeborener“ mitbringe. Dies werde regelmäßig den Angehörigen der Geburts­jahrgänge ab 1980 zugerechnet und damit der Bewerber­kreis in Bezug auf das Alter eingeengt. Das Arbeits­gericht hielt im Ergebnis eine Entschädigung in Höhe von 1,5 Monats­gehältern, insgesamt EUR 7.500, für angemessen. Arbeit­gebern bleibt weiterhin geraten Stellen­ausschrei­bungen vor der Veröffent­lichung genaustens auf mögliche Diskriminie­rungen zu prüfen und sich auf die sachliche Beschreibungen von Fähig­keiten und Kennt­nissen zu fokussieren.
 
Saskia Steffen, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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