eNews 93 | Juni 2024

(K)ein Joint am Arbeitsplatz?

Seit dem 1. April 2024 dürfen Menschen ab 18 Jahren in Deutsch­land legal Cannabis konsumieren. Das kann auch Aus­wirkungen auf das Arbeits­leben haben. Welche Aus­wirkungen hat das neue Gesetz aber nun auf die Beschäftigten und welchen Handlungs­bedarf haben Unternehmen?

Für den Konsum von Cannabis während der Arbeitszeit sieht das Gesetz keine aus­drück­liche Regelung vor, auch nicht, dass der Konsum während der Arbeits­zeit verboten ist. Solche Regelungen finden sich allein in Spezial­gesetzen, wie etwa in § 4a Luft­verkehrs­gesetz (LuftVG), worin ein Konsum­verbot von psycho­aktiven Substanzen für Piloten geregelt ist.

Das hat zunächst zur Folge, dass der Konsum aufgrund der Legalisierung erst einmal erlaubt sein kann, solange wie sich der Cannabis­konsum nicht negativ auf die Arbeits­leistung auswirkt. Das gilt für die Zeit vor Arbeits­antritt, für die Pausen und für die Arbeits­zeit selbst. Auch die derzeit bestehenden Betriebs­vereinba­rungen oder Betriebs­ordnungen dürften kein anderes Ergebnis bringen. Denn in den meisten aktuell gültigen betrieb­lichen Regelungen ist zwar regel­mäßig der Konsum von Alkohol und illegalen Drogen verboten, aufgrund der Legali­sierung von Cannabis ist dieses hiervon jedoch nicht mehr erfasst.

Bei fehlender Regelung durch Betriebs­vereinbarung, Gesetz oder Weisung des Arbeit­gebers ist also maß­geb­lich, ob der Arbeit­geber noch in der Lage ist, seinen arbeits­vertrag­lichen Pflichten mit der geschuldeten Sorg­falt nachzukommen.

Übt der Arbeitgeber sein Direktions­recht in diesem Zusammen­hang aus, so beginnt dieses nicht erst am Werks­tor oder der Büro­tür. Das Direktions­recht wirkt sich dann viel­mehr auch auf das Frei­zeit­verhalten aus, weil Arbeit­geber verlangen können, dass der Arbeit­nehmer in einem arbeits­fähigen Zustand die Arbeits­leistung erfüllen, so dass der Cannabis­konsum auch unmittelbar vor der Arbeit unter­sagt ist.

Konsumiert ein Arbeitnehmer unter Verstoß gegen das Direktions­recht oder gesetzliche Vorschriften Cannabis oder ist er aufgrund des Konsums außerstande, seine arbeits­vertrag­lichen Pflichten zu erfüllen, stehen dem Arbeit­geber die üblichen arbeits­recht­lichen Sanktionen von einer Abmahnung bis hin zur Kündigung zur Verfügung. Arbeit­geber können aufgrund ihrer Fürsorge­pflicht ebenso gehalten sein, einen offen­sicht­lich unter dem Einfluss von Cannabis stehenden, nicht arbeits­fähigen Mitarbeiter zeitweise von der Arbeits­pflicht frei­zustellen. Denn kommt es in einem solchen Fall zu einem Unfall, kann sich dies nicht nur auf die Unfall­versicherung aus­wirken, sondern schlimmsten­falls für den Arbeit­geber straf­recht­liche Konsequenzen haben (§ 15 Abs. 2 DGUV).

Für Arbeitgeber und Betriebsräte ist nun Handlungsbedarf geboten. Arbeit­geber sollten klare Regelungen treffen. Dies kann über eine entsprechende Klausel im Arbeits­vertrag oder auch durch Betriebs­verein­barungen erfolgen. Der Betriebs­rat ist nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zu beteiligen. Da in vielen Betrieben bereits Regelungen zum Drogen- und Alkohol­konsum bestehen, sollten diese unbedingt auf ihre Aktualität hin überprüft und angepasst werden.
 
Barbara Förster, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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