eNews … unser Newsletter

Der Newsletter der Pflüger Rechtsanwälte GmbH, Frankfurt am Main infor­miert Sie regelmäßig über aktuelle Themen aus dem Arbeitsrecht. Die Beiträge behandeln juristische Fragen oder Gerichts­entscheidungen und deren Konsequenzen für Beschäftigte und Unternehmer.

Hier können Sie die eNews abonnieren.

eNews 95 | September 2024

Die Relevanz vom Zeitpunkt des Zugangs einer Kündigung

Der Zeitpunkt des Zugangs von Kündigungen ist im Arbeitsrecht in gleich zweifacher Hinsicht von Bedeutung. Zum einen entscheidet er bei ordent­lichen Kündigungen über die Laufzeit des Arbeits­verhält­nisses, konkret die Einhaltung der Kündigungs­frist. Zum anderen läuft mit Zugang der Kündigung die drei­wöchige Frist zur Ergebung einer Kündigungs­schutz­klage. Ist der Zugangs­zeit­punkt einer Kündigung streitig, obliegt es dem Arbeit­geber im Gerichts­verfahren darzu­legen und zu beweisen, dass die Kündigung recht­zeitig erfolgt ist. Neben der persön­lichen Übergabe von Kündigungen wählen Arbeit­geber regel­mäßig den Post­versand per Einwurf-Einschreiben. Hierbei stellt sich nicht selten die Frage, wann einem Arbei­tnehmer die Kündigung tatsächlich zugegangen ist, wenn er seinen Brief­kasten früher am Tag geleert hat.

Das Bundes­arbeits­gericht (Urteil vom 20.06.2024, Az. 2 AZR 213/23) hatte in diesem Zusammen­hang jüngst über die Frage zu entscheiden, ob ein Beweis des ersten Anscheins zugunsten des Arbeit­gebers dahin­gehend besteht, dass die Zustellung eines Kündigungs­schreibens, das nachweis­lich von Bediensteten der Deutschen Post in den Brief­kasten einer zu kündigenden Arbeit­nehmerin eingeworfen wurde, zu den üblichen Post­zustell­zeiten erfolgt ist. Im Arbeits­vertrag der Arbeit­nehmerin war eine Kündigungs­frist von drei Monaten zum Quartals­ende vereinbart. Der Arbeit­geber kündigte das Arbeits­verhältnis mit Schreiben vom 28.09.2021 ordentlich zum 31.12.2021. Das Kündigungs­schreiben wurde ausweislich des Zustellungs­schreiben am 30.09.2021 in den Brief­kasten der Arbeitnehmerin gelegt. Die Arbeit­nehmerin erhob gegen die Kündigung Klage und begehrte die Fest­stellung, dass das Arbeits­verhältnis nicht zum 31.12.2021, sondern erst 31.03.2022 beendet worden ist. Sie stützte ihre Klage maßgeblich auf das Argument, dass die Uhrzeit des Einwurfs nicht eindeutig fest­zustellen und daher ein Zugang der Kündigung erst am 01.10.2021 anzunehmen sei. Weder die Vorinstanzen noch das Bundes­arbeits­gericht folgten dieser Argumentation. Alle Instanzen entschieden, dass ein Beweis des ersten Anscheins dahin­gehend bestünde, dass die Bediensteten der Deutschen Post Briefe zu den üblichen Zustell­zeiten einwerfen. Nach allgemeiner Lebens­erfahrung werde der Briefkasten dann nach den üblichen örtlichen Zustell­zeiten am selben Tag geleert. Der Senat des BAG betonte, dass ein Anscheins­beweis erschüttert werden könne, indem man atypische Geschehens­abläufe darlege und beweise. Hierzu hatte die Arbeit­nehmerin aller­dings nichts vorge­tragen. Das Urteil schafft jeden­falls bei Zustellungen mit der Deutschen Post zunächst Rechts­sicher­heit. Allerdings hat das BAG explizit offen­gelassen, ob der Beweis des ersten Anscheins auch dann noch greift, wenn an dem jeweiligen Zustell­ort andere Zustell­dienste einen maß­geb­lichen Anteil an der Brief­zustellung haben und diese auch außerhalb der üblichen Arbeits­zeiten der Deutschen Post Briefe zustellen.
 
Saskia Steffen, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

Auch in dieser Ausgabe:

Muss der Arbeitgeber das Duschen und Umziehen bezahlen? Lesen
Kein Inflationsausgleich während der Elternzeit Lesen

Copyright: © Saskia Steffen, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

Alle Rechte vorbehalten. Abdruck und / oder Vervielfältigung der Texte oder Auszüge aus ihnen nur nach Rücksprache und mit Genehmigung des Rechteinhabers.

All rights reserved. No part of the newsletter may be reproduced in any form without written permission from the author.