eNews 95 | September 2024
Muss der Arbeitgeber das Duschen und Umziehen bezahlen?
Körperreinigungszeiten gehören zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit, wenn sich der Arbeitnehmer bei seiner geschuldeten Arbeitsleistung so sehr verschmutzt, dass ihm ein Anlegen der Privatkleidung, das Verlassen des Betriebs und der Weg nach Hause ohne eine vorherige Reinigung des Körpers im Betrieb nicht zugemutet werden kann. Dies bestätigte nun das Bundesarbeitsgericht (BAG) (Urteil vom 23.04.2024, Az. 5 AZR 212/23).
Im zu entscheidenden Fall ging es um einen Containermechaniker, der seine Arbeit in einer vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitskleidung antreten musste. Nachdem der Kläger seine Arbeitskleidung anzog, begann er seine zugewiesenen Tätigkeiten, zu denen das Abschleifen rostiger und schadhafter Stellen an Containern sowie entsprechende Nachlackierungen gehören. Am Ende der Tätigkeiten duschte sich der Kläger und ließ die verunreinigte Arbeitskleidung auf Weisung der Arbeitgeberin für die Reinigung im Betrieb. Die Zeiten für das Umziehen und Duschen sowie die Wegezeiten von der Umkleide zur Arbeitsstelle vergütete die Arbeitgeberin nicht. Zu Unrecht. Der Arbeitgeber verspricht die Vergütung aller Dienste, die er dem Arbeitnehmer aufgrund seines Weisungsrechts abverlangt. Diese Voraussetzung liegt beim regelmäßigen An- und Ablegen einer vom Arbeitgeber vorgeschriebenen und nur im Betrieb zu tragenden Dienstkleidung vor.
Darüber hinaus führte das BAG ebenfalls aus, dass es sich auch bei Körperreinigungszeiten um Arbeitszeit handeln kann, die vom Arbeitgeber zu vergüten ist. Hierbei ist jedoch zu differenzieren. Körperreinigungszeiten sind dann als Arbeitszeit anzusehen, wenn sie mit der eigentlichen Tätigkeit unmittelbar im Zusammenhang stehen. Dieser unmittelbare Zusammenhang ist zu bejahen, wenn der Arbeitgeber die Körperreinigung anordnet oder wenn zwingende arbeitsschutzrechtliche Hygienevorschriften diese verlangen, wie es beispielsweise bei der Arbeit mit gesundheitsgefährdenden Stoffen der Fall ist. Aber die Körperreinigungszeiten sind auch dann zu vergüten, wenn sich der Arbeitnehmer bei seiner Arbeitsleistung so sehr verschmutzt, dass ihm ein Anlegen der Privatkleidung, das Verlassen des Betriebes und der Weg nach Hause ohne eine vorherige Reinigung des Körpers im Betrieb nicht zugemutet werden können. Im Rahmen dessen ist auch der Umfang der Körperreinigung unterschiedlich notwendig. Hierbei kann das Waschen der verschmutzten Körperteile ausreichen oder ein Duschen notwendig sein.
Das Urteil bestätigt die zutreffenden Grundsätze zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit. Wie viele Minuten tatsächlich zu vergüten sind, ist im Einzelfall zu entscheiden.
Lucas Jentsch, Pflüger Rechtsanwälte GmbH
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