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eNews 96 | November 2024

BAG zur Briefwahl bei Homeoffice bzw. mobiler Arbeit

Insbesondere vor der letzten Betriebsratswahl im Jahr 2022 haben sich viele Wahl­vorstände die Frage gestellt, ob sie allen Beschäftigten, die sowohl im Betrieb als auch zu Hause arbeiten, Briefwahl­unterlagen unaufgefordert zusenden dürfen. Das Bundes­arbeits­gericht (Beschluss vom 23.10.2024, Az. 7 ABR 34/23) musste sich nun mit dieser Frage beschäftigen.

Im VW-Betrieb in Wolfsburg sollten die Arbeitnehmer im Verwaltungsbereich aufgrund der Corona-Pandemie seit Erlass des Wahlausschreibens im November 2021 bis jedenfalls einschließlich der Betriebsratswahl im März 2022 so weit möglich aus dem Homeoffice arbeiten. Ab Februar 2022 kam es im Werk zudem zur Kurzarbeit in der Produktion. Der Wahlvorstand beschloss, sowohl den Beschäftigten im Verwaltungsbereich als auch denen, die von der Kurzarbeit betroffen waren, die schriftliche Stimmabgabe zuzuordnen. Insgesamt erhielten ca. 59.000 Arbeitnehmer Briefwahlunterlagen.

Nach Abschluss der Wahl haben mehrere wahl­berechtigte Arbeit­nehmer, die auf verschiedenen Listen kandidiert hatten, die Betriebs­rats­wahl insbesondere mit dem Argument angefochten, dass die Versendung von Brief­wahl­unterlagen an alle Arbeit­nehmer im Home­office und in Kurz­arbeit nicht mit der Wahl­ordnung vereinbar sei. Die erste Instanz erklärte die Betriebs­rats­wahl für unwirksam, das Landes­arbeits­gericht Nieder­sachsen hat den Antrag abgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendeten sich die Antrag­steller mit einer Rechts­beschwerde an das BAG.

Der 7. Senat des BAG hat die Entscheidung des LAG Nieder­sachsen aufgehoben und die Sache zur weiteren Sachverhalts­aufklärung und Entscheidung an die Vorinstanz zurück­erwiesen. Die Bundes­arbeits­richter argumentierten, dass die Fälle einer zulässigen Briefwahl in der Wahlordnung abschließend geregelt seien. Nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 WO erhalten die Unterlagen zur schriftlichen Stimm­abgabe, ohne dies zu verlangen, nur diejenigen wahl­berechtigten Arbei­tnehmer, von denen dem Wahl­vorstand bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungs­verhältnisses nicht im Betrieb anwesend sein werden. Hierunter fallen auch Arbeit­nehmer, die während der Wahl wegen vorüber­gehend ausgeübter mobiler Arbeit und wegen Kurz­arbeit betriebs­abwesend sind. Dem BAG war es allerdings aufgrund der fest­gestellten Tatsachen nicht möglich, zu beurteilen, ob der Wahl­orstand die Briefwahl­unterlagen auch an Beschäftigte übersandt hat, von denen er wusste, dass sie zum Wahl­zeit­punkt im Betrieb arbeiteten.

Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass den Wahl­orständen auch für die im Jahr 2026 anstehenden Betriebs­rats­wahlen nicht zu empfehlen ist, Brief­wahl­unterlagen an alle Arbeit­nehmer zu schicken, die (auch) im Home­office oder mobil arbeiten. Vielmehr kommt es darauf an, an welchem Ort die Beschäftigten am Wahltag tätig sind, worüber sich die Wahl­vorstände, gleichwohl in der Praxis schwierig, Kenntnis verschaffen müssen.
 
Saskia Steffen, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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