eNews 96 | November 2024
Referentenentwurf eines Beschäftigtendatengesetzes (BeschDG)
Neue Regelungen für Beschäftigtendaten in der digitalen Arbeitswelt
Nachdem sich die Bundesregierung im Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt hatte, klare und handhabbare Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz zu schaffen und die Rechte Beschäftigter im digitalen Zeitalter stärker zu schützen, gibt es nun seit dem 8. Oktober 2024 einen ersten Referentenentwurf für das Beschäftigtendatengesetz (E-BeschDG), das die Verarbeitung von Beschäftigtendaten durch den Arbeitgeber während des Beschäftigungsverhältnisses regelt, aber auch die Verarbeitung im Zusammenhang mit einem möglichen, wie auch bereits beendeten Arbeitsverhältnis.
Der Entwurf gliedert sich in einen allgemeinen und einen besonderen Teil. §§ 1–9 legen den Anwendungsbereich und die verwendeten Begriffe fest und regeln die allgemeinen Grundlagen für die Zulässigkeit der Verarbeitung von personenbezogenen Beschäftigtendaten. So legt der Entwurf z. B. in § 3 fest, unter welchen Bedingungen Beschäftigtendaten verarbeitet werden dürfen, und konkretisiert beispielhaft zulässige Verarbeitungszwecke. Neben dem nach wie vor geltenden Grundsatz der Zweckbindung sind Arbeigeber aufgrund erweiterter Betroffenenrechte angehalten, die Verarbeitungszwecke schriftlich zu dokumentieren. Möchte der Arbeitgeber die Beschäftigtendaten später für andere als die festgelegten Zwecke weiterverarbeiten, stellt das Gesetz sehr strenge Anforderungen an die Zulässigkeit der Zweckänderung.
§ 10 schafft zusätzliche Informationsrechte der Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber. Auf Verlangen muss der Arbeitgeber beispielsweise dem Arbeitnehmer die wesentlichen Überlegungen seiner Erforderlichkeitsprüfung in verständlicher Weise darlegen.
§ 11 stellt ein prozessuales Verwertungsverbot für datenschutzrechtswidrig gewonnene Beweismittel auf. Eine Ausnahme soll bei einem offensichtlichen Missverhältnis zwischen dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht und dem Interesse des Arbeitgebers bestehen.
Maßnahmen zur Überwachung von Beschäftigten, also das Erfassen von Leistungs- oder Verhaltensdaten, wie z. B. Compliance-Investigations, Videoüberwachung oder GPS-Ortung sind im Entwurf stark reglementiert. Verdeckte Überwachung ist nur bei Verdacht auf Straftaten zulässig.
Ebenfalls beinhaltet der Entwurf eine Regelung dazu, dass Beschäftigte ein Recht auf Information darüber haben, wenn der Arbeitgeber KI-Systeme zur Verarbeitung von Beschäftigtendaten verwendet, sowie Vorgaben, wann ein Profiling in Bezug auf Beschäftigtendaten zulässig ist. Gemessen daran, dass der Gesetzentwurf seine Rechtfertigung insbesondere im Bedürfnis für eine umfangreiche Neuregelung des Beschäftigtendatenschutzes aufgrund „neuartiger Datenverarbeitungsmöglichkeiten, etwa mittels Künstlicher Intelligenz“ sieht, sind diese Regelungen jedoch wohl recht überschaubar.
Hinsichtlich der Mitbestimmungsrechte sieht der Gesetzesentwurf vor allem die Beteiligung des Betriebsrats bei der Ernennung und Abberufung von Datenschutzbeauftragten sowie beim Einsatz neuer Technologien wie Künstlicher Intelligenz vor.
Für die betriebliche Mitbestimmung ist auch § 7 des Entwurfs von Relevanz: bisher ist streitig, ob Kollektivvereinbarungen als eigenständige Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten dienen können. Der Passus lautet:
§ 7 Kollektivvereinbarungen
- Die Verhandlungspartner können spezifischere Vorschriften zur Gewährleistung des Schutzes der Rechte und Freiheiten (…) vorsehen.
- Kollektivvereinbarungen nach Absatz 1 dürfen nicht zu Lasten des Schutzes der Beschäftigten von diesem Gesetz abweichen. Sie können nicht die Zulässigkeit der Verarbeitung von Beschäftigtendaten festlegen. (…)
Wenn Kollektivvereinbarungen keine eigenständige Verarbeitungsgrundlage darstellen können, sind durch sie geregelte Datenverarbeitungen weiterhin auch an den gesetzlichen Erlaubnistatbeständen zu messen.
Schließlich regelt der Entwurf in § 30 die Datenverarbeitung im Konzern und legt legitime Zwecke einer solchen unternehmensübergreifenden Verarbeitung fest.
Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung und dem zunehmenden Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Arbeitswelt sind klare Regelungen zum Schutz von Beschäftigtendaten nicht nur wünschenswert, sondern klar erforderlich. Obwohl sich der Referentenntwurf dies als Ziel gesetzt hat, bleibt abzuwarten, ob durch den Entwurf tatsächlich ein klarer und sicherer Umgang mit Beschäftigtendaten geschaffen wird und die Beschäftigten angemessen vor der Erhebung und Verarbeitung ihrer Daten geschützt sind, oder der Entwurf lediglich zu mehr Administration führt. Im Ergebnis sind aber auch die Chancen für eine rechtzeitige Verabschiedung des Entwurfs aufgrund der im kommenden Jahr ablaufenden Legislaturperiode, der Diskrepanzen innerhalb der Koalition und bisher gescheiterter Versuche über spezielle Regelungen für den Beschäftigtendatenschutz wohl eher gering.
Barbara Förster, Pflüger Rechtsanwälte GmbH
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