Für Beschäftigte mit Einschränkungen, zum Beispiel durch einen Unfall, müssen Arbeitgeber mitunter große Zugeständnisse machen. Ist ein Arbeitnehmer nicht mehr voll einsatzfähig, kann er von seinem Arbeitgeber verlangen, leidensgerecht beschäftigt zu werden. Der Arbeitgeber kann die Zuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes nur dann ablehnen, wenn sie ihm unzumutbar oder rechtlich unmöglich ist. Das LAG Berlin-Brandenburg hat kürzlich die Voraussetzungen an eine Unzumutbarkeit konkretisiert. In dem Fall machte ein Bauhelfer gegenüber seinem Arbeitgeber Lohnansprüche geltend, nachdem er wegen eines Arbeitsunfalls Einschränkungen an der linken Hand hatte, seine Arbeitsleistung aber ausdrücklich angeboten hatte. Er konnte seiner Tätigkeit zwar nicht mehr wie ursprünglich nachgehen, wies aber darauf hin, dass es genügend einfache Tätigkeiten auf dem Bau gebe, die er mit seiner Einschränkung ausführen könnte. Der Arbeitgeber wandte dagegen ein, dass das Berufsbild des Bauhelfers eine Aufspaltung in „handfreie“ und sonstige Tätigkeiten nicht zulasse. Das LAG gab dem Arbeitnehmer recht und stellte klar, dass selbst unter der Voraussetzung, dass eine Aufteilung der Arbeiten aktuell nicht möglich sei, der Arbeitgeber verpflichtet sei, die Erledigung der anfallenden Tätigkeiten entsprechend umzuorganisieren. Kommt ein Arbeitgeber dieser Rücksichtnahmepflicht nicht nach, kann ein Arbeitnehmer einen Lohnanspruch haben, ohne gearbeitet zu haben.
Saskia Steffen ist Geschäftsführerin der Kanzlei Pflüger Rechtsanwälte in Frankfurt am Main.
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Saskia Steffen
Veröffentlichung
Was ist ein leidensgerechter Arbeitsplatz?
Saskia Steffen, erschienen in F.A.S., 13. Februar 2022, Beruf und Chance, „Mein Urteil“