eNews 47 | April 2014

Betriebsratswahl: Beachtung formaler Vorgaben sichert reibungslosen Ablauf

Seit 1. März dieses Jahres laufen die Wahlen für die Neubesetzung der Betriebsratsgremien. Noch bis 31. Mai können Beschäftigte über die Zusammensetzung ihrer Interessenvertretung für die kommenden vier Jahre entscheiden. In allen Betrieben mit mindestens fünf ständig wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, kann ein Betriebsrat gewählt werden. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und die Wahlordnung (WO) regeln den Wahlvorgang und die Voraussetzungen. Hierbei sind die Vorschriften genau zu beachten, um die Anfechtbarkeit oder gar Nichtigkeit zu vermeiden. Unklar ist oft, wer wahlberechtigt ist und wer kandidieren kann. Außerdem können Verfahrensfehler beim Erstellen der Wählerlisten gemacht werden, bei der Wahrung von Fristen oder der Briefwahl.

Wahlberechtigte und Kandidaten müssen auf der Wählerliste aufgeführt sein

Grundsätzlich sind alle Arbeitnehmer in einem Betrieb wahlberechtigt, sofern sie zum Zeitpunkt der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben. Als Arbeitnehmer definiert das Betriebsverfassungsgesetzes, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen (Arbeitgeber) zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Umfang und Dauer der Arbeitsleistung sind für die Wahlberechtigung unerheblich. So können auch Auszubildende, Arbeitnehmer mit flexiblen Arbeitszeiten, Teilzeitangestellte, befristete Arbeitnehmer, Aushilfskräfte wie Mini-Jobber, Beschäftigte in Elternzeit sowie kranke und beurlaubte Arbeitnehmer wählen (§ 7 BetrVG).

Auch überlassene Arbeitnehmer – sogenannte Leiharbeiter – sind im Entleiherbetrieb wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden. Entscheidend ist die geplante Einsatzdauer. Ausgeschlossen von der Wahl sind hingegen Leitende Angestellte.

Zur Wahl stellen kann sich jeder Wahlberechtigte. Er oder sie darf allerdings nicht infolge einer strafrechtlichen Verurteilung das passive Wahlrecht verloren haben und muss sechs Monate dem Betrieb angehören. Als Betriebszugehörigkeit gelten auch Zeiten, in denen der Arbeitnehmer unmittelbar vorher einem anderen Betrieb desselben Unternehmens oder Konzerns angehört hat. Eine Ausnahme von der sechsmonatigen Betriebszugehörigkeit gibt es nur für Betriebe, die zum Zeitpunkt der Wahl noch keine sechs Monate bestehen.

Wahlberechtigt und wählbar sind Arbeitnehmer nur dann, wenn sie in der Wählerliste aufgeführt sind.

Auf Richtigkeit und Fristen beim Wahlausschreiben und den Wählerlisten achten

Besteht bereits ein Betriebsrat, bestellt dieser spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit einen Wahlvorstand. In Betrieben ohne Betriebsrat wählen die Anwesenden in einer Betriebsversammlung einen Wahlvorstand. Dieser leitet die Betriebsratswahl ein und besteht grundsätzlich aus drei wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen einer den Vorsitz übernimmt.

Die Betriebsratswahlen selbst beginnen mit dem Erlass eines Wahlausschreibens; es leitet die Wahl ein und ist spätestens sechs Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe zu erlassen. Vom Tage des Erlasses bis zum letzten Tag der Stimmabgabe ist es an einer oder mehreren Stellen im Betrieb auszuhängen und in lesbarem Zustand zu halten. Das Wahlausschreiben muss die in § 3 Abs. 2 WO genannten Angaben erhalten. So muss es unter anderem Auskunft über die Zahl der zu wählenden Betriebratsmitglieder sowie Ort und Zeitpunkt der Stimmabgabe erteilen. Ferner ist anzugeben, von wie vielen Wahlberechtigten ein Wahlvorschlag unterzeichnet werden muss und bis zu welchem Zeitpunkt die Wahlvorschläge in Form von Vorschlagslisten beim Wahlvorstand einzureichen sind.

Wahlordnung und Wählerliste sind zeitgleich mit dem Erlass des Wahlausschreibens an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen. Die Wählerliste weist alle Wahlberechtigten, getrennt nach Geschlechtern, mit Familienname, Vorname und Geburtsdatum in alphabetischer Reihenfolge aus. Die Angaben müssen vollständig und korrekt sein. Übersehen wird häufig, dass Ergänzungen oder Korrekturen innerhalb einer Zwei-Wochenfrist nach Erlass erfolgen müssen.

Verhältniswahl oder Personenwahl – die Unternehmensgröße entscheidet

Nach Aushang des Wahlausschreibens haben die Mitarbeiter im allgemeinen Wahlverfahren zwei Wochen Zeit, ihre Kanditaten vorzuschlagen oder sich zur Wahl zu stellen.

Im Regelfall sieht das Wahlsystem die Verhältniswahl (Listenwahl) vor. Dabei stellen die Interessengruppen eines Betriebes Listen mit Kandidatinnen und Kandidaten auf und reichen sie zur Wahl ein. Die Wähler können jeweils nur eine Stimme der Liste ihrer Wahl geben. Die Wahl einzelner Personen ist bei der Listenwahl nicht möglich.

Die Personenwahl (Mehrheitswahl) ist die Ausnahme, etwa wenn nur eine Liste zur Wahl antritt, oder wenn im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14 a BetrVG zu wählen ist. Betriebe mit fünf bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern wählen in der Regel nach diesem vereinfachten Wahlverfahren. In Betrieben mit mehr als 50 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern können der Wahlvorstand und der Arbeitgeber die Anwendung des einfachen Wahlverfahrens vereinbaren.

Jede Vorschlagsliste soll mindestens doppelt so viele Bewerberinnen oder Bewerber aufweisen wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. In den Listen sind die Bewerberinnen und Bewerber in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung im Betrieb aufzuführen.

Jeder Wahlvorschlag muss von mindestens fünf Prozent der wahlberechtigten Arbeitnehmer, mindestens jedoch von drei Wahlberechtigten unterzeichnet werden. In jedem Fall – unabhängig von der Zahl der Beschäftigten – genügt die Unterzeichnung durch fünfzig wahlberechtigte Arbeitnehmer. In Betrieben mit bis zu zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern genügt die Stützunterschrift von zwei Wahlberechtigten.

Der Wahlvorstand hat die Vorschlagslisten unverzüglich zu prüfen.

Die Wahlen sind geheim und dürfen von Arbeitgeber nicht beeinflusst oder behindert werden

Die Wahl des Betriebsrats ist geheim. Sie wird vom Wahlvorstand durchgeführt, und er hat die entsprechenden Vorkehrungen für eine geheime Wahl zu treffen. Die Stimmabgabe erfolgt durch Ankreuzen auf dem Stimmzettel. Die Betriebsratswahl darf zu keinem Zeitpunkt vom Arbeitgeber behindert oder beeinflusst werden.

Wer zum Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb seine Stimme nicht persönlich abgeben kann, hat die Möglichkeit der Briefwahl. Er kann sich entsprechend der Wahlordnung vom Wahlvorstand die notwendigen Unterlagen aushändigen oder zuschicken lassen und seine Stimme abgeben. Eine persönliche Stimmabgabe ist jedoch auch nach Übersendung der Wahlunterlagen noch möglich. Der Wahlvorstand hat dann darauf zu achten, dass die Stimme korrekt gezählt wird.

Unverzüglich nach Abschluss der Wahl zählt der Wahlvorstand öffentlich die Stimmen aus und gibt das Wahlergebnis bekannt. Mit Bekanntmachung gilt die Amtszeit des neuen Betriebsrats, wenn der alte Betriebsrat nicht mehr im Amt ist. Ist der alte Betriebsrat noch im Amt, so beginnt die Amtszeit des neuen Betriebsrats mit Ende der Amtszeit des alten Gremiums. In der ersten konstituierenden Sitzung des Betriebsrats wählen die Mitglieder des Betriebsrats den Betriebsratsvorsitzenden.

Wenn die Betriebsratswahl angefochten wird

Wegen formeller Fehler kann die Betriebsratswahl nach Ablauf der Wahl innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses angefochten werden. Die Anfechtung der Betriebsratswahl setzt voraus, dass Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften vorliegen, diese nicht so rechtzeitig berichtigt wurden, dass danach die Wahl noch ordnungsgemäß ablaufen konnte und es aufgrund der nicht rechtzeitig berichtigten Verstöße im Bereich des Möglichen liegt, dass ohne die Verstöße das Wahlergebnis anders aussehen würde.

Die bloße Anfechtbarkeit einer Betriebsratswahl hat zur Folge, dass die Wahl durch das Gericht in einem Verfahren nach § 19 BetrVG für unwirksam erklärt wird. Die berechtigte Wahlanfechtung führt grundsätzlich zur Ungültigkeit der Wahl. Ein gerichtlicher Beschluss, der die Wahl für unwirksam erklärt, wirkt nur für die Zukunft. Die betriebsverfassungsrechtlichen Maßnahmen, die der Betriebsrat bereits durchgeführt hat, behalten ihre Wirksamkeit. Die Unwirksamkeit der Wahl ist von der Nichtigkeit zu unterscheiden. Eine Wahl kann in besonderen Ausnahmefällen nichtig sein. Dies ist dann der Fall, wenn gegen die gesetzlichen Wahlregeln grob und offensichtlich verstoßen wurde. Im Falle der Wahlnichtigkeit kommt es nicht darauf an, ob ohne die die Nichtigkeit begründenden Mängel das Wahlergebnis ein anderes gewesen wäre. Die Feststellung der Nichtigkeit gilt rückwirkend. Die Maßnahmen des Betriebsrats sind unwirksam.

In den Fällen der Unwirksamkeit und Nichtigkeit ist grundsätzlich ein neuer Betriebsrat zu wählen. Nur ausnahmsweise, bei erfolgreicher Anfechtung der Wahl eines einzelnen Betriebsratsmitglieds, rückt das nächste Ersatzmitglied der entsprechenden Liste nach.

Es ist deshalb wichtig, bei jeder Wahl strikt die formalen Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes zur Betriebsratswahl zu beachten. Dies vermeidet Verfahrensfehler und gewährleistet ein gültiges Wahlergebnis.
 
Sandra Schönpflug, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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