eNews 67 | April 2018

Muss das Unternehmen stets die Kosten für Betriebsratsschulungen tragen?

Betriebsräte haben eine Fülle von Aufgaben zu erfüllen. Sie sind nicht nur die Ansprechpartner für die Sorgen und Nöte ihrer Kollegen, sie setzen sich auch bei Arbeitnehmerbeschwerden für eine Abhilfe durch den Arbeitgeber ein. Sie haben über die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzgesetze zu wachen und gemeinsam mit dem Arbeitgeber haben Betriebsräte dafür zu sorgen, dass einzelne Beschäftigte nicht diskriminiert und ausgegrenzt werden. Solche Aufgaben können die Betriebsräte nur dann wahrnehmen, wenn sie über Fachwissen verfügen, vor allem über Rechtskenntnisse. Um diese Kenntnisse zu erlangen, sind im Einzelfall auch besondere Schulungen notwendig. In welchem Umfang hat das Unternehmen solche Schulungskosten zu tragen?

Das Einmaleins des Arbeitsrechts und des Betriebsverfassungsrechts muss Betriebsräten geläufig sein. In einzelnen Fällen sind auch Kenntnisse über Datenschutzbestimmungen, Unfallverhütungsvorschriften oder andere Rechtsnormen hilfreich. Dass allen Betriebsratsmitgliedern ein Seminar über die Grundlagen des Arbeits- und Betriebsverfassungsrechts zusteht, ist nicht von der Hand zu weisen. Umstritten ist jedoch, wie weit darüber hinaus ein Schulungsanspruch des Betriebsrats besteht. Hat der Arbeitgeber auch Spezialschulungen zu finanzieren? Grundsätzlich ist diese Frage zu bejahen. Allerdings muss das hier vermittelte Spezialwissen im konkreten Fall für die Betriebsratsarbeit erforderlich sein. Spezialschulungen darf der Betriebsrat also nur dann für erforderlich halten, wenn sich hier eine entsprechende Aufgabe für ein Betriebsratsmitglied stellt.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 14.01.2015 (Aktenzeichen 7 ABR 95/12). Ein elfköpfiger Betriebsrat hatte beschlossen, seinen stellvertretenden Vorsitzenden zu einem Seminar über Mobbing zu entsenden. Nachdem der Arbeitgeber die Kostenübernahme mehrfach verweigert hatte, beschloss das zur Schulung bestimmte Betriebsratsmitglied, auf eigene Faust an dem Seminar teilzunehmen. Im Rechtsstreit ging es um die Übernahme von Seminargebühren und Übernachtungskosten.

In dritter Instanz gab das BAG dem Betriebsrat Recht. Der Betriebsrat durfte die Seminarteilnahme für erforderlich halten. Bei der Größe des Gremiums war für die Richter nachvollziehbar, dass einzelne Mitglieder über Spezialkenntnisse zur Vermeidung von Mobbing verfügen mussten. Das BAG berücksichtigte auch, dass es im Betrieb zur Ausgrenzung von Mitarbeitern gekommen war. Gerade dies wird aber vom Begriff des Mobbing umfasst: das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte. Solches Verhalten werde gerade durch Stresssituationen am Arbeitsplatz begünstigt.

Die Bekämpfung der Ursachen von Mobbing stellt nach Ansicht des BAG also eine gesetzliche Aufgabe des Betriebsrats dar. Die Kosten für solche Schulungen sind schließlich solange nicht zu beanstanden, als sie die vergleichbarer Seminare nicht wesentlich überschreiten.
 
Christina Hupka, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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