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eNews 72 | April 2019

Gelockerter Kündigungsschutz für Bankenmitarbeiter

Wer in bedeutenden Finanzinstituten angestellt ist und wessen Tätigkeit sich zudem wesentlich auf das Risikoprofil des Instituts auswirkt (§ 1 Abs. 21 KWG), kann künftig leichter gekündigt werden. Mit Artikel 8 des Brexit-Steuerbegleitgesetzes (Brexit-StBG) vom 25.03.2019 wurde § 25a Abs. 5a KWG neu gefasst. Damit ist eine Lockerung des Kündigungsschutzes für Mitarbeiter verbunden, die als so genannte Risikoträger tätig sind. Was bedeutet dies für betroffene Mitarbeiter und auch für Betriebsräte?

Als bedeutend definiert das Kreditwesengesetz ein Finanzinstitut, wenn seine Bilanz­summe im Durchschnitt zu den jeweiligen Stichtagen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre € 15 Mrd. erreicht oder überschritten hat (§ 25n Abs. 1 KWG).

Die Neuregelung betrifft Risikoträger, deren Fixvergütung das Dreifache der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung i.S.d. § 159 SGB VI überschreitet. Für 2019 beträgt diese Beitragsbemessungsgrenze jährlich € 80.400 (West) bzw. € 73.800 (Ost). Entsprechend müssen die Risikoträger eine Fixvergütung von jährlich mehr als € 241.200 brutto (West) bzw. € 221.400 (Ost) erzielen.

Die Neufassung von § 25a Abs. 5a KWG führt dazu, dass Risikoträger den Leitenden Angestellten i.S.d. § 14 Abs. 2 KSchG gleichgestellt werden. Zu Letzteren gehören Geschäftsführer, Betriebsleiter oder ähnliche Leitende Angestellte, die zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind. Obwohl der Risikoträger selbst nicht zu dieser Personengruppe gehören und diese Funktionen ausüben muss, wird er kündigungsschutzrechtlich wie diese behandelt.

Für Risikoträger gilt daher, dass das Kündigungsschutzgesetz zwar weiterhin anwendbar bleibt. Aber der Arbeitgeber kann in einem Kündigungsschutzprozess, falls die angegriffene Kündigung sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam ist, gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG einen Auflösungsantrag stellen. Dieser muss nicht begründet werden. Das Arbeitsgericht löst dann das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung auf.

Im Ergebnis wandelt sich aufgrund dieser Neuregelung der Kündigungsschutz der Risikoträger von einem Bestands- in einen Abfindungsschutz. Die Höhe der möglichen Abfindung unterliegt den Grenzen des § 10 KSchG. Danach kann das Gericht maximal 18 Bruttomonatsverdienste festlegen, wenn der Arbeitnehmer 55 Jahre alt und zwanzig Jahre im Unternehmen gewesen ist.

Für Betriebsräte ist wichtig zu beachten, dass sie Risikoträger auch weiterhin vertreten, sofern es sich im Einzelfall nicht um Leitende Angestellte i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG handelt. Entsprechend bleiben § 102 BetrVG und die weiteren Mitbestimmungsrechte in sozialen, personellen oder wirtschaftlichen Angelegenheiten auch in Bezug auf die Risikoträger bestehen.

Für die Risikoträger selbst bleibt zunächst eine Übergangsfrist. Die Neuregelung findet erstmals für Kündigungen Anwendung, die nach Ablauf von acht Monaten nach dem 29.03.2019 zugehen (§ 64m KWG).

Künftig müssen sich Bewerber die Frage stellen, ob für sie eine Tätigkeit als Risikoträger derart attraktiv ist, dass sie den damit verbundenen eingeschränkten Kündigungsschutz akzeptieren möchten.

Dr. René von Wickede, Pflüger Rechtsanwälte GmbH

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